(Neu: Dobrindt) |
*
Kontrollen Reaktion auf deutsches Vorgehen |
*
Deutschland: Wollen keine dauerhaften Kontrollen |
*
Tusk innenpolitisch unter Druck |
*
Polen-Beauftragter: Kein guter Tag für Beziehung zu Polen |
*
Kontrollen auch an Grenze zu Litauen |
*
Warschau/Berlin, 07. Jul (Reuters) - Die neuen |
polnischen Kontrollen haben den Grenzverkehr zu Deutschland |
bisher kaum beeinträchtigt und treffen bei Bundesinnenminister |
Alexander Dobrindt auf Zustimmung. Sie seien ein wichtiger |
Schritt im gemeinsamen Vorgehen gegen illegale Migration ? "ein |
Schritt, den wir ausdrücklich begrüßen", erklärte der |
CSU-Politiker am Montag in Berlin. "Die Kontrolle der Grenzen |
ist eine temporäre Maßnahme ? aber aktuell erforderlich, um die |
Migration neu zu ordnen." Polen hatte ab Mitternacht mit den |
Kontrollen an der Grenze zu Deutschland und auch zu Litauen |
begonnen. "Alles läuft ohne Zwischenfälle ab", hatte |
Innenminister Tomasz Siemoniak erklärt. |
800 Polizisten, 200 Grenzbeamte und 500 weitere Soldaten seien in voller Bereitschaft. Sie sollen gezielt an 52 Grenzübergängen zu Deutschland nach Schleusern und Migranten suchen, ohne den Pendelverkehr zu stark zu behindern. Der deutsche Regierungssprecher Stefan Kornelius sagte auch mit Blick auf die deutschen Kontrollen auf der anderen Seite: "Wir wollen keine dauerhaften Grenzkontrollen. Das ist das Ziel dieser Bundesregierung, vor allem nicht an den Binnengrenzen."
Polen hat die Grenzkontrollen zu Deutschland auch als Reaktion auf die verschärften Kontrollen auf deutscher Seite eingeführt. Seit Mai weist die Bundespolizei an allen Grenzen teils auch Asylbewerber ab, was juristisch umstritten ist. Zudem führt dies bei einigen Nachbarstaaten wie in Polen zu Verärgerung. Die polnischen Kontrollen sollen zunächst für vier Wochen gelten.
Der Polen-Beauftragte der Bundesregierung warnte dennoch: "Das ist kein guter Tag für das deutsch-polnische Verhältnis", sagte Knut Abraham (CDU) der Nachrichtenagentur Reuters. "Eine Verdichtung der Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze wird nicht die Lösung des Migrationsproblems sein", fügte er hinzu.
Ministerpräsident Donald Tusk steht innenpolitisch unter Druck, da Zurückweisungen von Migranten durch Deutschland nach Polen in seinem Land für Unmut sorgen. Bei einer Pressekonferenz um Mitternacht zum Auftakt der Kontrollen hatte Innenminister Siemoniak betont, dass nur staatliche Beamte wie Grenzschützer befugt seien, Fahrzeuge zu kontrollieren - eine Anspielung auf "Bürgerwehren". Diese hatten sich vereinzelt gebildet, um zurückgewiesene Migranten aus Deutschland wieder Richtung Westen zu drängen. Die Stimmung in Polen gegenüber Migranten hat sich verschärft, nachdem im Juni eine 24-jährige Frau von einem Venezolaner getötet wurde. Am Sonntag gedachten 10.000 Menschen bei einem von Nationalisten organisierten Marsch der Frau.
Am Samstag starb zudem ein Pole nach einem Messerstich bei einer Auseinandersetzung im Norden des Landes. Ein Kolumbianer steht unter Tatverdacht. Die Polizei nahm insgesamt 13 Personen fest - drei Polen und zehn Kolumbianer. Der staatliche Sender TVP Info zeigte wütende Menschenmengen, die sich vor dem Arbeiterheim versammelten, in dem die Kolumbianer lebten.
Der deutsche Polen-Beauftragte Abraham sagte, letztlich gehe es in beiden Fällen um die politische Signalwirkung, dass man die eigenen Grenzen schütze. Man werde Migranten aber letztlich nur an den EU-Außengrenzen abhalten können. In Deutschland hofft man hier auch auf eine Art Dominoeffekt, dass die Nachbarstaaten ihre jeweiligen Außengrenzen - bis hin zu den EU-Außengrenzen - aufgrund der deutschen Zurückweisungen besser sichern. Die polnischen Kontrollen zu Litauen wären Teil dieses Konzepts.
Die Wiedereinführung der Grenzkontrollen ist das jüngste Beispiel dafür, wie wachsende Sorgen über Migration in der EU das passfreie Schengen-System belasten. Bereits die Niederlande, Belgien und eben Deutschland waren ähnlich vorgegangen.
Dobrindt hat für den 18. Juli zu einem Migrationsgipfel mit zahlreichen EU-Staaten eingeladen. Dabei soll es auch um eine nochmalige Verschärfung der geplanten neuen Grenzbestimmungen der EU gehen.
(Bericht von: Markus Wacket, Alan Charlish und Pawel Florkiewicz; redigiert von Scot W. Stevenson. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)