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06.11.2024 /08:35:20
SPOTANALYSE-Ökonomen zum starken Auftragsplus der deutschen Industrie

Berlin, 06. Nov (Reuters) - Die deutsche Industrie hat beim Neugeschäft unerwartet deutlich zugelegt. Die Bestellungen im September stiegen um 4,2 Prozent zum Vormonat und damit so stark wie seit Juni nicht mehr, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Anstieg von 1,5 Prozent gerechnet. Im August hatte es mit revidiert 5,4 Prozent noch den stärksten Auftragsrückgang seit Jahresanfang gegeben. Das Inlandsgeschäft kletterte im September um 3,6 Prozent, während Auslandsorders um 4,4 Prozent anzogen. Auch ohne die stark schwankenden Großaufträge legten die Bestellungen mit 2,2 Prozent spürbar zu.

Analysten sagten zu den Daten in ersten Reaktionen:
SEBASTIAN DULLIEN, GEWERKSCHAFTSNAHES IMK-INSTITUT:

"Die Aufträge der deutschen Industrie haben sich im September erholt. Grundsätzlich wäre das ein positives Signal und hätte der Auftakt zu einer zyklischen Erholung im Außenhandel darstellen können. Tatsächlich aber dürften in den kommenden Monaten die geopolitischen Entwicklungen eine solche Trendwende verhindern. Durch den sich abzeichnenden Wahlsieg des Republikaners Donald Trump in den USA drohen der deutschen Industrie in den kommenden Monaten weitere, möglicherweise herbe Rückschläge. Trump hatte im Wahlkampf wiederholt hohe Zölle auch gegen europäische Produkte angekündigt. Alleine die Möglichkeit solcher Zölle dürfte nun die Unsicherheit für deutsche Unternehmen weiter erhöhen und die Investitionstätigkeit in Deutschland dämpfen. Das dürfte sich in den kommenden Monaten weiter in den Aufträgen des Maschinenbaus zeigen."



ALEXANDER KRÜGER, CHEFVOLKSWIRT HAUCK AUFHÄUSER LAMPE:
 
"Der Auftragszuwachs ist breit angelegt und bezieht sich
nicht nur auf Großaufträge. Insbesondere Rüstungsausgaben
spielen eine größere Rolle. Auftragsseitig nährt das die
Hoffnung auf eine Bodenbildung. Wegen schwieriger
Standortfaktoren wird sich manches Unternehmen dennoch weiter
ins Ausland orientieren. Für eine wieder höhere
Kapazitätsauslastung bedarf es vor allem einer andere
Wirtschaftspolitik."
THOMAS GITZEL, CHEFÖKONOM VP BANK:

"Die Entwicklung der Auftragseingänge im September passt zum Muster der vergangenen zwei Jahre. Die Neubestellungen werden vor allem von den volatilen Großaufträgen geprägt. Unter Ausklammerung der Großaufträge sieht es hingegen nicht gut aus. Die Auftragseingänge leiden unter der schwachen weltwirtschaftlichen Entwicklung. Unter einem zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump könnte es noch schwieriger werden, denn es drohen neue Strafzölle. Darunter könnten die Auftragseingänge mittel- bis langfristig leiden. Umso wichtiger ist es jetzt, binnenwirtschaftliche Kräfte zu wecken. Reformen, vor allem ein Abbau bürokratischer Hürden für neue Investitionen, sind jetzt dringend erforderlich, um dem angeschlagenen verarbeitenden Gewerbe zu helfen."



JENS-OLIVER NIKLASCH, LBBW:
 
"Ein Anstieg war nach dem sehr schwachen August zu
erwarten. Das deutliche Plus ist dennoch eine angenehme
Überraschung. Im dritten Quartal ging es unter Einbeziehung der
Großaufträge insgesamt aufwärts. Das ist eine Entwicklung, die
endlich einmal Hoffnung macht auf eine Belebung im
verarbeitenden Gewerbe. Allerdings dürfte der heimischen
Industrie mit dem sich abzeichnenden Wahlsieg von Donald Trump
der Wind demnächst wieder stärker ins Gesicht blasen. Nimmt man
Trump beim Wort, dann dürften die deutschen Ausfuhren in die USA
2025 aufgrund von Einfuhrzöllen unter Druck geraten."

(Bericht von Klaus Lauer - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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