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17.07.2025 /13:43:08
INTERVIEW-Nagel: Eskalierender Zollstreit kann Hoffnung auf deutsches Wachstum zerstören

- von Maria Martinez
Durban, 17. Jul (Reuters) - Eine Eskalation im
transatlantischen Zollstreit kann laut Bundesbank-Chef Joachim
Nagel eine Rezession in Deutschland zur Folge haben. Derzeit sei
davon auszugehen, dass es dieses Jahr hierzulande eine
Stagnation gebe, sagte er am Donnerstag der Nachrichtenagentur
Reuters. "Sollten sich die Zölle zum 1. August so
materialisieren, wie es die US-Regierung angekündigt hat, dann
dürfte der Ausblick für das laufende Jahr sicher schlechter
ausfallen", warnte er. Es wäre dann nicht auszuschließen, dass
die Wirtschaft 2025 in eine leichte Rezession abgleite. Für 2026
veranschlagt die Bundesbank derzeit noch ein Plus beim
Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 0,7 Prozent. Dieses Wachstum
würde "möglicherweise komplett aufgefressen werden durch die
Zölle, die jetzt im Raum stehen", sagte der Bundesbankchef.

Die Bundesbank hatte bereits in ihrem Monatsbericht darauf hingewiesen, dass der deutschen Exportwirtschaft zusätzlicher Gegenwind durch die US-Zollpolitik drohe. US-Präsident Donald Trump hat kürzlich angekündigt, dass ab dem 1. August Zusatzzölle von 30? Prozent anstelle des im April eingeführten Basiszollsatzes von zehn? Prozent auf Importe aus der EU in Kraft treten sollen. Die EU hofft weiter auf eine Verhandlungslösung.

"UNABHÄNGIGKEIT DER ZENTRALBANKEN IST IHRE DNA"

Nagel sagte, in den Verhandlungen müsse es darum gehen, dass die Unsicherheit mit Blick auf die Handelspolitik beseitigt werde. Die angekündigte Zollhöhe solle "deutlich reduziert" werden, im besten Fall gar nicht umgesetzt werden: "Das muss das Anliegen sein", sagte der Bundesbankchef.

Vor dem Hintergrund der wiederholten Attacken von Trump auf die Federal Reserve warnte Nagel überdies vor Eingriffen in die Unabhängigkeit von Zentralbanken. "Die Unabhängigkeit der Zentralbanken ist ihre DNA." Er fügte hinzu: "Deshalb halte ich es für gefährlich, mit der Unabhängigkeit einer Zentralbank zu spielen." Trump hat US-Notenbankchef Jerome Powell immer wieder kritisiert und drängt die unabhängige Federal Reserve zu Zinssenkungen. Die Nachricht von einer mutmaßlich bevorstehenden Entlassung des Fed-Chefs hatte am Mittwoch zu Turbulenzen an den Finanzmärkten geführt.

(Bericht von Marria Martinez, geschrieben von Reinhard Becker. Redigiert von Kirsti Knolle Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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