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02.10.2024 /15:15:11
Scholz mahnt EU, Frankreich, USA und China in Handelspolitik

Berlin, 02. Okt (Reuters) - Bundeskanzler Olaf Scholz dringt auf einen schnellen Abschluss des EU-Mercosur-Freihandelsabkommens mit Südamerika und hat die EU-Kommission aufgefordert, künftige Freihandelsabkommen nicht zu überfrachten. In einer Rede vor dem Handelsverband BGA kritisierte Scholz am Mittwoch in Berlin dabei auch die USA und Frankreich für ihre Positionen in der Handelspolitik. Die USA müssten endlich die Blockade bei der Besetzung von Richter-Stellen in der Welthandelsorganisation WTO aufgeben. Wenn China dann auch darauf verzichte, in der WTO als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt als Entwicklungsland eingestuft zu werden, könnte dies deutliche Fortschritte bei der Konfliktlösung bringen. Leider sehe man im internationalen Handel derzeit aber eine "unheilvolle Entwicklung", weil immer mehr Staaten versuchten, sich zum Schutz ihrer Wirtschaft abzuschotten.

Scholz erinnerte die EU-Kommission erneut, dass die EU-Staaten die Zuständigkeit für Handelspolitik nicht an die EU-Ebene abgetreten hätten, damit dort die angestrebten Freihandelsabkommen nicht vorankommen. "In der geopolitischen Lage, in der wir uns befinden, ist das schlicht nicht akzeptabel." Er erwarte von der Kommission, aber auch den EU-Mitgliedstaaten, dass sie sich "endlich zusammenzuraufen". Damit spielte Scholz etwa auf den Widerstand Frankreichs gegen das Mercosur-Abkommen an. Zuvor hatte er den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron im Kanzleramt getroffen.

Scholz forderte die EU-Kommission auf, künftig Handelsabkommen grundsätzlich als sogenannte "EU-only"-Abkommen auszuhandeln. Wenn etwa keine Investitionsbereiche betroffen sind, wäre eine Ratifizierung dann auch ohne die 27 EU-Mitgliedstaaten und nur durch das Europäische Parlament möglich. Zudem sollte ein zweiter Teil, der dann zustimmungspflichtig wäre, so abgeschlossen werden, dass er für unterzeichnende Länder sofort in Kraft tritt, auch wenn noch nicht alle EU-Staaten ihn ratifiziert haben. De facto könnte dies allerdings bedeuten, dass auf dem EU-Binnenmarkt dann unterschiedliche Regeln für unterschiedliche EU-Staaten gelten würden.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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