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05.11.2024 /13:05:14
FOKUS 1-Schaeffler streicht Tausende Jobs - Industriegeschäft schwächelt

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Flaute im Geschäft mit Windkraftanlagen

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Überkapazitäten und Preisverfall

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Transformation zu Elektroautos kostet Jobs in Autosparte

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Gewinn bricht ein
 
(Neu: Details, Aussagen von Rosenfeld, Aktie)
Berlin, 05. Nov (Reuters) - Der Herzogenauracher Auto-
und Industriezulieferer Schaeffler <SHA0.DE> streicht angesichts
einer Schwäche im Industriegeschäft und der Flaute bei
Elektroautos mehrere Tausend Arbeitsplätze in Europa. Insgesamt
fielen 4700 Stellen weg, teilte das Unternehmen am Dienstag mit.
1000 Arbeitsplätze sollten gleichzeitig anderswo entstehen.
Allein in Deutschland seien etwa 2800 Stellen betroffen. Details
kündigte Schaeffler bis Jahresende an. Das Unternehmen
verspricht sich von dem Umbau Einsparungen von jährlich etwa 290
Millionen Euro bis 2029.

Schaeffler-Chef Klaus Rosenfeld sagte, mit den Maßnahmen solle das Lager- und Industriegeschäft auf Kurs gebracht werden. "Das Programm ist in der aktuellen Umfeldlage notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schaeffler Gruppe langfristig zu sichern." Er verwies auf einen ungewissen Ausblick. "Ich glaube nicht, dass 2025 besser wird als 2024", sagte er. "Die Unsicherheiten sind da und werden uns begleiten. Was jetzt vor allem zählt, sind weniger überzogene Wachstumsversprechen, sondern dass man seine Kosten, Qualität und Bilanz im Griff hat."

Bei der IGMetall stieß Rosenfeld mit seinem Sparplan
auf Kritik. Der bayerische IG-Metall-Bezirksleiter Horst Ott
verwies auf die Zukunftsvereinbarung, in der der Erhalt der
deutschen Standorte und die Vermeidung betriebsbedingter
Kündigungen einen besonderen Stellenwert hätten. Thomas Höhn,
bei der IG Metall zuständig für Schaeffler, sagte, auch er sehe
Probleme im Industriebereich. Die Gewerkschaft habe mit
Kurzarbeit und Arbeitszeitverkürzung Brücken gebaut. "Mit dieser
Ankündigung erklärt die Schaeffler-Geschäftsleitung den
Beschäftigten, dass diese Brücken in einen massiven Stellenabbau
am Standort Schweinfurt münden sollen."
 
Im drittenQuartal gingen die Erlöse des gesamten
Unternehmens währungsbereinigt um 1,1 Prozent auf knapp vier
Milliarden Euro zurück, der Betriebsgewinn vor Sondereffekten
sank um 44,9 Prozent auf 187 Millionen Euro. Zuwächse konnte
lediglich das Geschäft mit Ersatzteilen verbuchen, während es in
den beiden anderen Sparten schlechter lief.
 
Das Industriegeschäft, das Rosenfeld in den vergangenen
Jahren mit mehreren Zukäufen ausgebaut hatte, hat Probleme in
mehreren Bereichenzu kämpfen. Unter Druck ist etwa das
Geschäft mit Windkraft in China, wo Schaeffler zu den
wichtigsten Anbietern gehört. Auch das Geschäft mit
Automatisierungstechnik laufe nicht so wie erhofft. In diesen
Bereich fallen Ewellix und Melior Motion, zwei Unternehmen, die
Schaeffler in den vergangenen Jahren gekauft hat und die nun
besonders vom Umbau betroffen sind.
 
So sollen unter anderem die Aktivitäten von Melior
Motion in Hameln aufgegeben werden, in Schweinfurt sollen die
Mitarbeiter des ehemaligen Ewellix-Werkes an das
Schaeffler-Stammwerk wechseln. Im dritten Quartal brach die
Rendite in der Industriesparte auf 4,5 Prozent ein, vor
Jahresfrist waren es noch acht Prozent. Der Umsatz sank um 6,1
Prozent, der Gewinn sogar um fast die Hälfte.
 
Auch die Integration von Vitesco kostet Hunderte
Mitarbeiter ihren Job, vor allem in der Verwaltung. Schaeffler
und Vitesco sind zum 1. Oktober verschmolzen. Dazu kommt der
anhaltende Umbau des Autogeschäfts. Das trifft zum einen das
Geschäft mit Verbrennertechnik, das nach und nach reduziert
wird, zum anderen aber auch Teile für Elektroautos: Schaeffler
sei in der Vergangenheit von einem stärkeren Wachstum
ausgegangen, das nun ausbleibe. Dazu komme der hohe Wettbewerb,
der auf die Preise drücke. Rosenfeld sagte, er halte dennoch an
der Elektromobilität fest: "Wir haben immer gesagt, dass beides
seine Berechtigung hat. Die E-Mobilität wird kommen."
Die Autobranche in Europa steckt derzeit in einer Krise,
Hersteller und Zulieferer kappten zuletzt ihre Prognosen und
kündigten den Abbau von Arbeitsplätzen an. So stehen bei
Volkswagen <VOWG_p.DE> nach Betriebsratsangaben mindestens drei
Werke auf der Kippe. Der Autozulieferer ZF
Friedrichshafen will bis 2028 jeden vierten der 54.000
Arbeitsplätze in Deutschland abbauen, auch bei Bosch
und Continental <CONG.DE> fallen Jobs weg. In Frankreich will
Michelin <MICP.PA> bis Anfang 2026 zwei Fabriken schließen.

(Bericht von Christina Amann. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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