Berlin, 29. Okt (Reuters) - DIW-Präsident Marcel Fratzscher warnt vor einer politischen Einmischung bei dem vor Werksschließungen und Entlassungen stehenden Volkswagen-Konzern. "Die Politik muss sich aus den unternehmerischen Entscheidungen strikt heraushalten", sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Entscheidungen bei Volkswagen müssen ausschließlich auf der Grundlage entschieden werden, was den Konzern wieder wettbewerbsfähig und innovativer macht."
Volkswagen <VOWG_p.DE> plant nach den Worten von Betriebsratschefin Daniela Cavallo den Abbau zehntausender Stellen und will in Deutschland mindestens drei VW-Werke dichtmachen. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte, Probleme des Unternehmens nicht auf dem Rücken der Beschäftigten auszutragen. Vielmehr gehe es darum, "Arbeitsplätze zu erhalten und zu sichern", wie ein Regierungssprecher sagte.
Werksschließungen und Entlassungen bei Volkswagen dürften mittelfristig und unmittelbar nur geringe Auswirkungen auf die Konjunktur in Deutschland haben, sagte Fratzscher. Denn im Vergleich zu den 46 Millionen Beschäftigten sei die Anzahl der Entlassungen eher gering. "Die VW-Beschäftigten sind exzellent ausgebildet, und Deutschland hat heute einen riesigen Fachkräftemangel", sagte der Ökonom. Für jeden Beschäftigten seien Arbeitsplatzverlust und Jobsuche immer schwierig. Die VW-Mitarbeiter hätten jedoch "beste Chancen, schnell und gut neue Arbeit zu finden", betonte Fratzscher.
Die Gewerkschaften sollten sich nach seinen Worten verantwortungsbewusst verhalten und den von ihnen geforderten Widerspruch auflösen: "Sie können nicht einerseits sieben Prozent mehr Gehalt fordern und andererseits Kosteneinsparungen bei Volkswagen kategorisch ablehnen", warnte der DIW-Präsident. "Dadurch laufen sie Gefahr, den eigenen Mitgliedern erheblichen Schaden zuzufügen."
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)