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SPD-Generalsekretär: Merz-Pläne nicht umsetzbar |
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Unionsfraktion: Wir erwarten Vorschläge der SPD |
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Grünen und FDP dringen auf Klarheit |
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Wahlleiter warnen vor Problemen |
(Durchgehend neu) |
- von Andreas Rinke und Alexander Ratz und Holger Hansen |
Berlin, 11. Nov (Reuters) - Die Parteien ringen um einen |
Termin für die von Kanzler Olaf Scholz angekündigten Neuwahlen. |
Regierungssprecher Steffen Hebestreit schloss am Montag aus, |
dass Scholz wie von Oppositionsführer Friedrich Merz gefordert |
schon am Mittwoch die Vertrauensfrage stellen wird. "Was Merz |
vorgeschlagen hat, ist rechtlich schon nicht mehr umsetzbar", |
sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch und verwies unter |
anderem auf nötige Nominierungen in Parteien, die Briefwahl oder |
die Prüfung der Wahlunterlagen. Unbestritten ist jedoch, dass |
die Vertrauensfrage des Kanzlers schon vor dem zunächst von ihm |
genannten Termin am 15. Januar stattfinden soll. |
Die Vertrauensfrage, die Scholz wegen des Ampel-Bruchs im Bundestag verlieren dürfte, leitet den Prozess zu vorgezogenen Neuwahlen ein. Scholz hatte am Sonntagabend gesagt, dass sich nun SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und CDU/CSU-Fraktionschef Merz auf einen Termin einigen sollten. Dies stieß bei Grünen und FDP auf Ablehnung, weil sie nicht eingebunden sind.
"Wir können uns auch vorstellen, einen früheren Termin zu haben", sagte Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann im ZDF, machte aber eine Einschränkung. Der Termin müsse so gewählt werden, "dass man sich dann auch als Parteien auf die Wahlen vorbereiten kann." Wichtig sei, dass "ein bisschen Ruhe und Seriosität in die Debatte" kommt.
In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hieß es, man erwarte von der SPD Vorschläge. Nach Reuters-Informationen soll Merz aber bereits einen Vorschlag von SPD-Fraktionschef Mützenich abgelehnt haben, dass der Bundestag am 20. Dezember über die Vertrauensfrage abstimmt.
Sowohl SPD als auch FDP erklärten, dass es seit dem Bruch des Ampel-Bündnisses bei ihnen jeweils mehr als 1000 Parteieintritte gegeben habe.
Grund für den hitzigen Streit ist zum einen die Frage, wie viel Zeit die Parteien eigentlich für ihre Aufstellung vor der Wahl haben. SPD-Generalsekretär Miersch etwa sagte, dass die SPD ihren Bundesparteitag, auf dem Scholz als Kanzlerkandidat nominiert werden soll, nun von Juli auf Ende Januar oder Anfang Februar vorziehen wolle. Dies würde aber für einen Wahltermin erst im März sprechen. Die Union hält den Hinweis auf Parteiprozesse für vorgeschoben.
Der Streit dreht sich aber auch darum, dass die Regierung noch etliche Gesetzesprojekte durch den Bundestag bringen möchte. Als Beispiele nannte Haßelmann das Deutschlandticket und das Gesetz zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts. Miersch erwähnte zudem noch die Abmilderung der kalten Progression, die Erhöhung des Kindergeldes und die Ukraine-Hilfe.
Die Union fordert allerdings erst eine Vertrauensfrage, dann die Absprache über zu beschließende Gesetzesprojekte. "Wenn dieses Datum festgelegt wurde, können Gespräche über etwaige noch zwingend zu behandelnde Themen im Bundestag begonnen werden", hieß es am Montag in der Unionsfraktion. "Wir erwarten, dass er (Scholz) noch in dieser Woche Klarheit schafft", sagte auch Grünen-Co-Parteichefin Ricarda Lang. Wie die Union kritisierte sie, dass es kein "Geschachere (...) Wahltermin gegen Lieblingsprojekte" geben dürfe. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte, dass sie auch in einer unionsgeführten Bundesregierung im Amt bleiben wolle.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai betonte ebenfalls, man werde sich "jetzt nicht auf inhaltliche Diskussionen einlassen", sondern erwarte einen Termin für die Vertrauensfrage. Die Ampel-Regierung sei Geschichte - SPD-Generalsekretär Miersch verwies dagegen darauf, dass SPD und Grüne nun eben eine Minderheitsregierung bildeten, die funktionsfähig sei.
Am Montag berieten auch die Bundes- und Landeswahlleiter über die vorgezogenen Neuwahlen. Die Bundeswahlleiterin Ruth Brand hatte vor zu schnellen Wahlen gewarnt. Auch einige Landeswahlleiter äußerten sich kritisch. "Ich rate deshalb von Sofortismus bei der Festlegung des Wahltermins dringend ab", sagte der Landeswahlleiter in Berlin, Stephan Bröchler, zu Reuters. Es geht um die Sicherstellung der Qualität demokratischer Wahlen in Deutschland. Ein Wahltermin im Januar 2025 könnte die hohe Qualität der Wahlorganisation Deutschlands gefährden. Er nannte Briefwahlzeiten, die Aufstellung der Landeslisten der Parteien und die Suche nach Wahlhelfern. "All diese Probleme hätten wir nicht bei einem Wahltermin im März 2025", sagte er. "Vorgezogene Bundestagswahlen stellen alle Ebenen der Wahlorganisation vor besondere Herausforderungen", sagte auch Nordrhein-Westfalens Landeswahlleiterin Monika Wißmann der "Rheinischen Post". Dies erhöhe die Fehleranfälligkeit.
(Mitarbeit: Christian Krämer; redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)