- von Elena Fabrichnaya und John O'Donnell und Alexander Marrow
Moskau, 21. Jan (Reuters) - Fast drei Jahre lang hat die | |
österreichische Raiffeisen Bank International (RBI) in | |
Russland gutes Geld verdient. Doch ihr vermeintlicher Ausweg aus | |
dem Dilemma um die Präsenz dort nach dem russischen Einmarsch in | |
der Ukraine könnte sich nun als kostspieliger Rohrkrepierer | |
erweisen. Ein Gericht in der Enklave Kaliningrad hat den | |
Baukonzern Strabag, seine österreichischen | |
Großaktionäre und die russische RBI-Tochter AO Raiffeisenbank am | |
Montag zu 2,04 Milliarden Euro Schadenersatz an den russischen | |
Strabag-Aktionär Rasperia verurteilt. "Das ist die letzte | |
Warnung an alle westlichen Unternehmen, dass man mit Putins | |
Russland keine Geschäfte machen darf", sagt Helmut Brandstätter, | |
der für die liberalen NEOS im EU-Parlament sitzt. | Raiffeisen |
sei lange genug gewarnt worden, sich zurückzuziehen. |
Die RBI war für die russische Mittelklasse und Unternehmen lange eine Brücke für den Zahlungsverkehr Richtung Westen. Nun steht ihr eine große Rückstellung ins Haus, auch wenn sie gegen das Urteil vorgehen will und sich vorbehält, zur Minderung des Schadens auf den Besitz von Rasperia in Österreich zuzugreifen. "Das zeigt auch, dass jede Verbindung zwischen Österreich und Russland in ein Desaster führt", sagte Brandstätter. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern haben gelitten, erst vor kurzem durch die Kündigung des milliardenschweren Erdgas-Bezugs von der russischen Gazprom <GAZP.MM> durch die Regierung in Wien.
Die in Osteuropa sehr aktive RBI hatte lange nach einem Weg gesucht, sich ohne Verluste aus Russland zurückzuziehen. Bei dem Prozess in Kaliningrad, dem früheren Königsberg, ging es um eine Klage der russischen Investmentfirma Rasperia gegen die Strabag, ihre österreichischen Aktionäre und die russische RBI-Tochter. Der Versuch der RBI, Rasperia ein in Russland eingefrorenes Anteilspaket an der Strabag abzukaufen und damit einen Teil ihrer dort gebundenen sechs Milliarden Euro sanktionskonform freizusetzen, war am Widerstand der US-Regierung gescheitert. Sie ordnet Rasperia weiterhin dem Oligarchen Oleg Deripaska zu, der Sanktionen unterliegt. Rasperia wirft nun den Österreichern vor, dass ihre 24,1 Prozent an dem Baukonzern durch die Sanktionen wertlos geworden seien. Ein Sprecher bekräftigte, Deripaska habe nichts mehr mit Rasperia zu tun.
Die Umstände des Prozesses in Kaliningrad wirken skurril: Bewaffnete Männer mit Sturmhauben saßen zwischen den Beteiligten - um ihnen Angst zu machen, wie ein Anwalt der RBI sagte. Das Gericht sei voreingenommen gewesen. Die Anwälte der russischen Kläger erklärten, die Männer seien Gerichtsdiener gewesen, die einen ordnungsgemäßen Ablauf gewährleisten sollten. Die RBI-Anwälte hätten das Gericht mit unbegründeten Beschwerden geradezu bombardiert.
Das Urteil zeigt, dass wesentliche Unternehmen immer häufiger den Druck der russischen Regierung zu spüren bekommen.
Ian Massey von der Beratungsfirma S-RM erklärt, Moskau übe Druck auf sie aus, mache einen Rückzug aus dem Land finanziell immer schmerzhafter, beschlagnahme Vermögenswerte - und nun kämen noch hohe Strafen hinzu. "Im Zusammenhang mit der zunehmenden diplomatischen und wirtschaftlichen Isolation Russlands war Vergeltung gegen beispielhafte westliche Unternemen fast unvermeidbar." Nahrungsmittelkonzerne wie Pepsi <PEP.O>, Procter & Gamble <PG.N> und Mondelez <MDLZ.O> sind ebenso noch in Russland aktiv wie die italienische Großbank UniCredit.
Der Kreml kontrolliert, wie und an wen westliche Firmen ihr Russland-Geschäft verkaufen dürfen, und fordert große Abschläge beim Kaufpreis, den handverlesene Käufer zahlen. Konzerne wie Danone <DANO.PA> und Carlsberg haben das bereits zu spüren bekommen.
(Weiterer Reporter: Francois Murphy in Wien Geschrieben von Alexander Hübner, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)