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04.07.2025 /13:19:13
VORSCHAU-"Tage der Wahrheit" für den Dax - Trump-Zölle voraus

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Zollfrist endet am 9. Juli

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Es drohen höhere Zölle

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Börsianer sehen keine Gefahr für Wirtschaftskrise
 
- von Anika Ross
Frankfurt, 04. Jul (Reuters) - Am deutschen Aktienmarkt
könnte den Anlegern nach einem extrem starken ersten Halbjahr
eine kalte Dusche drohen. "Es könnten Tage der Wahrheit kommen:
Die Deadline für Zollverhandlungen mit den USA läuft nun aus",
fassen die Strategen der LBBW zusammen. Auch für die Vereinigten
Staaten könnte es brenzlig werden. Das umstrittene Steuer- und
Ausgabengesetz "One Big Beautiful Bill" werde die
Staatsverschuldung deutlich nach oben treiben. "Schon das erste
Halbjahr stand im Zeichen einer deutlichen Vertrauenserosion in
die USA." Trotz Rekordhochs hinkten die US-Indizes im
internationalen Vergleich hinterher.

Mit einem Anstieg von rund 20 Prozent hat der Dax hingegen im ersten Halbjahr stark zugelegt. Nach Berechnungen der LBBW hat er damit die viertbesten ersten sechs Monate seiner Geschichte aufs Börsenparkett gelegt. In der ablaufenden Woche ging dem Dax allerdings die Puste aus: Bei einem Stand von 23.740 Punkten am Freitagnachmittag verzeichnete der Leitindex ein Minus von rund 1,2 Prozent. "Mit einem beim Dax überragenden ersten Halbjahr haben Aktien viel Positives vorweggenommen und sind hoch bewertet", sagt Helaba-Strategin Claudia Windt. US-Präsident Donald Trump könnte mit seinen "reziproken Zölle" zum Spielverderber werden.

TRUMP-ZÖLLE ANTE PORTAS

An den Börsen herrscht weiter Unsicherheit, ob die EU ein Abkommen mit der US-Regierung aushandeln kann. Zuletzt hatte Vietnam einen Deal abgeschlossen. Gelingt das den Europäern bis kommenden Mittwoch nicht, könnten US-Importe wieder mit deutlich höheren Zöllen belegt werden.

"Während mir eine umfassende Einigung unwahrscheinlich erscheint, wäre bereits ein grober Rahmen-Deal als Erfolg zu werten", sagt Robert Greil. Der Chefstratege von Merck Finck rechnet weiter mit erhöhter Marktvolatilität, sieht aber auch ein großes Interesse der US-Administration, die Wirtschaft nicht zu sehr zu belasten und Inflationsrisiken im Zaum zu halten. "Daher erwarten wir keine katastrophalen Zollentwicklungen und eine zunehmend wachstumszentrierte US-Politik."

Doch Trump hat mit der EU, dem größten Handelspartner der USA, ein besonders schwieriges Verhältnis, warnt die Commerzbank. Seine Taktik, das Androhen rabiater Maßnahmen, um die Handelspartner zu Zugeständnissen zu bewegen, verfange sich vor allem bei kleineren und von den USA abhängigen Ländern. "Bei größeren Volkswirtschaften, die sich mehr oder weniger auf Augenhöhe mit den USA befinden, ist ein Erfolg der US-Taktik weniger sicher." Das gelte besonders auch für China. Eine Fristverlängerung sei nicht auszuschließen. Letztlich gingen jedoch viele Börsianer davon aus, dass man sich schließlich auf einen mindestens zehnprozentigen Zoll für die meisten Handelspartner verständigen werde.

"Auch wenn der schlussendlich durchschnittlich gültige Zollsatz der USA dann deutlich höher wäre als die 2,5 Prozent, die letztes Jahr galten, scheint der Finanzmarkt davon auszugehen, dass dies keine größere Wirtschaftskrise auslösen wird", sagen die Commerzbank-Ökonomen Bernd Weidensteiner und Christoph Balz. Die Wahrscheinlichkeit negativer Überraschungen sei angesichts des eingepreisten moderaten Zollszenarios größer, warnt die Helaba.

KAUM RELEVANTE KONJUNKTURDATEN

An relevanten Konjunkturindikatoren zur Orientierung mangelt es in der neuen Woche. Am Montag stehen Daten aus Deutschland im Mittelpunkt. Die hiesigen Unternehmen dürften ihre Produktion im Mai hochgefahren haben. Laut einer Reuters-Umfrage unter Experten ist ein Zuwachs gegenüber dem Vormonat von 0,5 Prozent zu erwarten. Im April war die Fertigung um 1,4 Prozent zurückgegangen. "Dies wäre neben der wieder etwas besseren Stimmung bei den Unternehmen ein weiterer Hinweis, dass die Industrie den Tiefpunkt durchschritten hat", sagt Commerzbank-Experte Ralph Solveen. Am Dienstag stehen die Exportdaten auf der Agenda.

Zur Wochenmitte folgen die Protokolle der vergangenen Fed-Sitzung. Nach den zuletzt überraschend starken Arbeitsmarktdaten haben Anleger die Hoffnung auf eine Zinssenkung im Juli begraben. Wahrscheinlicher sei, dass die Fed bis September wartet. "Dann dürfte sich das Inflationsbild etwas geklärt und die Unsicherheit bezüglich der Zollsätze verringert haben", sagt Commerzbank-Ökonom Weidensteiner.

(Redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)



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