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08.07.2025 /06:44:41
WDHLG-FOKUS 1-SPD-Kreise: Pflichtdienst laut Wehrgesetz nur bei Bundestags-Ja

(Wiederholung vom Vorabend)

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Kabinett und Bundestag müssten Wechsel zu Pflicht zustimmen



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Musterun soll Zug um Zug auf alle jungen Männer ausgedehnt werden





- von Markus Wacket
Berlin, 07. Jul (Reuters) - Verteidigungsminister Boris
Pistorius hat seine Pläne für den freiwilligen Wehrdienst und
einen Übergang zur Pflicht vorgestellt. Demnach sollen das
Kabinett und dann der Bundestag eine zwangsweise Rekrutierung
etwa bei einer Verschärfung der Bedrohungslage beschließen, wie
Pistorius Parlamentskreisen zufolge am Montag unter anderem in
der SPD-Fraktion erläuterte. Der freiwillige Dienst werde aber
so attraktiv sein, dass in den nächsten Jahren keine Pflicht
erforderlich sein müsse, habe er argumentiert. Dennoch wolle man
sich darauf vorbereiten. Der aktuelle Freiwilligendienst werde
drastisch verändert, die sechs Monate Basisdienst könne man als
Zeitsoldat mit einem Gehalt von über 2000 Euro monatlich
absolvieren. Zum einen hoffe Pistorius, dass nach dem
Basisdienst einige länger bei der Bundeswehr bleiben wollen. Zum
anderen soll aber so die Zahl der Reservisten auf 200.000
verdoppelt werden.
Das Gesetz soll, wie bereits bekannt wurde, Ende August
im Kabinett beschlossen werden. In Kraft treten soll es ab 2026,
die ersten Freiwilligen nach neuem Gesetz könnten dann ab Mai in
die Kasernen

ziehen

. Ziel von Pistorius ist, letztlich ab 2030 eine Truppe von 460.000 Soldaten aufbieten zu können. Neben den aktuellen etwa 100.000 Reservisten weitere 100.000 Männer und Frauen, die freiwillig gedient haben. Dazu wird eine aktive Truppe von 260.000 angestrebt, also 80.000 mehr als derzeit der Bundeswehr zur Verfügung stehen.

Wie geplant, werden zunächst junge Menschen ab Jahrgang
2008 angeschrieben. Männer müssen antworten, Frauen können. Vor
allem die SPD dringt darauf, den sechsmonatigen Dienst so
attraktiv zu gestalten, dass sich ausreichend Freiwillige
finden, ohne dass eine Pflicht greifen muss.
 
Laut dem "Spiegel", der aus dem Gesetzentwurf zitiert,
soll der Dienst Pflicht werden, wenn es einen "kurzfristigen
Aufwuchs der Streitkräfte zwingend erfordert, der auf
freiwilliger Grundlage nicht erreichbar ist." Dies ist der Fall,
wenn Bedrohungslage und Freiwillige nicht mehr in Einklang
stehen. Die Bundesregierung kann diese Rekrutierung dann mit
Zustimmung des Bundestags umsetzen. Laut "Spiegel" heißt es im
Entwurf weiter, die militärischen Anforderungen machten
"einsatzbereite, kaltstartfähige und durchhaltefähige Einheiten"
erforderlich.

Derzeit ist die Bundeswehr nicht in der Lage, mehr als 15.000 Freiwillige auszubilden und unterzubringen. Diese Zahl will Pistorius aber laut seiner Präsentation in der SPD-Fraktion auf über 30.000 im Jahr 2029 steigern, sodass es dann insgesamt 100.000 Wehrdienstleistende gegeben hat - und nach derzeitigem Stand keine Pflicht nötig ist. Parallel sollen auch immer mehr Menschen über den Freiwilligendienst hinaus gemustert werden, damit fähige Männer im Notfall auch verpflichtet werden können. Die Musterung soll bis zu einem Alter von 25 Jahren gelten.

Pistorius steht bei der Pflichtfrage aber unter großem
Druck seiner eigenen Partei und Fraktion. Auf dem SPD-Parteitag
am vergangenen Wochenende konnte er nach zähen Verhandlungen
einen Antrag der Jusos abbiegen, der einen völligen Verzicht auf
jede Form der Pflicht vorsah. Die Debatte zeigte, wie umstritten
eine Wehrpflicht bei den Sozialdemokraten ist. Die Union will
die Pflichtkomponente möglichst verbindlich im Gesetz. Sie
fürchtet, dass für ein späteres, eigenes Pflicht-Gesetz der SPD
dann die Kraft fehlen könnte. Die jetzt im Gesetzentwurf
geplante, mögliche kurzfristige Befassung von Kabinett und
Bundestag ist damit schon ein Kompromiss.

(Redigiert von Scot W. Stevenson Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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