Berlin, 10. Nov (Reuters) - Im Streit über den Termin der vorgezogenen Bundestagswahl will die Unionsfraktion Bundeswahlleiterin Ruth Brand am Mittwoch in den Innenausschuss zitieren. Der innenpolitische Sprecher Fraktion, Alexander Throm (CDU), bezeichnete am Sonntag in der "Welt" Brands Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als "höchst irritierend" und machte einen Widerspruch zu früheren Aussagen aus. "Es stellt sich daher die Frage, ob dieses Schreiben auf eigene Initiative hin verfasst wurde oder ob das Bundeskanzleramt oder das SPD-geführte Innenministerium Einfluss darauf genommen haben."
Deshalb werde seine Fraktion beantragen, dass die Bundeswahlleiterin am Mittwoch in den Innenausschuss komme, um für Aufklärung zu sorgen, sagte Throm. "Ich erwarte, dass die Bundesregierung das Erscheinen der Bundeswahlleiterin nicht blockiert." Bei der sensiblen Frage einer möglichen Einflussnahme auf eine faire und unabhängige Wahlleitung sei "höchste Transparenz geboten".
Brand hatte in ihrem Schreiben aus organisatorischen Gründen vor einer überstürzten Wahl gewarnt. Brand hatte den Unions-Vorwurf einer Einmischung des Kanzleramtes zurückweisen lassen. "Es gab keine Weisung oder Einflussnahme auf die Position der Bundeswahlleiterin im Zusammenhang mit Neuwahlen", sagte ein Behördensprecher. Am Montag will Brand mit den Landeswahlleitern über das weitere Vorgehen beraten.
Bundeskanzler Scholz will nach dem Scheitern der Ampel-Koalition nach jetzigem Stand am 15. Januar im Deutschen Bundestag über die Vertrauensfrage abstimmen lassen. Wenn er wie erwartet keine Mehrheit erhält, kann Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Bundestag auflösen. Laut Grundgesetz müsste es dann binnen 60 Tagen Neuwahlen geben.
(Bericht von Alexander Ratz, redigiert von Jörn Poltz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)