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07.01.2025 /19:35:44
FOKUS 1-Meta begräbt Faktenchecker für Facebook und Instagram in den USA

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Faktenchecker-Programm soll in kommenden Monaten auslaufen

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US-Nutzer sollen zukünftig falsche Aussagen melden

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Zuckerberg deutet auch US-Wahl als Argument an
 
(Neu: Zuckerberg, Partnerorganisationen, Hintergrund)
Bangalore, 07. Jan (Reuters) -

Meta <META.O> verabschiedet sich in den USA kurz vor Beginn der zweiten Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident von seinen Faktenchecks. Der Konzern lockere auch seine Beschränkungen für Diskussionen über umstrittene Themen wie Einwanderung und Geschlechtsidentität, teilte der Betreiber von Facebook und Instagram am Dienstag in einem Blogbeitrag mit. Damit reagiert der Social-Media-Riese auf Kritik aus dem Lager der Konservativen, dem auch Trump angehört.

Meta will den Wahrheitsgehalt von Inhalten auf seinen
Plattformen in den USA künftig nicht mehr von Dritten prüfen
lassen. Stattdessen erhielten Nutzer die Möglichkeit, falsche
oder irreführende Aussagen als solche zu kennzeichnen und
zusätzliche Informationen bereitzustellen. Mit dem System der
"Community Notes" orientiere man sich am Kurznachrichtendienst X
des Milliardärs und Trump-Vertrauten Elon Musk. Das 2016
gestartete Programm werde in den kommenden Monaten auslaufen.

Der Internet-Konzern begründete seine Entscheidung mit den unbefriedigenden Ergebnissen der 2016 eingeführten Inhalte-Moderation. "Wir haben einen Punkt erreicht, an dem es einfach zu viele Fehler und zu viel Zensur gibt", sagte Meta-Chef Mark Zuckerberg in einem Video. Es sei an der Zeit, zu den eigenen Wurzeln der freien Meinungsäußerung zurückzukehren. Er räumte ein, dass die jüngsten US-Wahlen seine Überlegungen beeinflusst hätten. Diese fühlten sich "wie ein kultureller Wendepunkt an, um die Redefreiheit wieder in den Vordergrund zu stellen." Die für Inhaltsprüfungen zuständigen Sicherheitsteams werde das Unternehmen aus Kalifornien abziehen und unter anderem nach Texas verlegen.

Meta wolle sich darauf konzentrieren, "schwerwiegende
Verstöße" und verbotene Inhalte wie Terrorismus und illegale
Drogen mit seinen automatisierten Systemen zu entfernen,
erklärte Zuckerberg. Die proaktive Suche nach anderen Arten von
Regelverstößen wie Hassreden werde eingestellt. Solche Beiträge
würden nur noch als Reaktion auf Meldungen von Nutzern
überprüft.

Der Konzern kündigte außerdem an, dass die Hinweise auf zusätzliche Informationen bei geprüften Inhalten zurückhaltender ausfallen werden. Bislang mussten sich Nutzer durch Warnhinweise in Bildschirmgröße klicken, bevor sie den fraglichen Beitrag überhaupt sehen konnten.

Das Ende des Faktenchecks in den USA überraschte die Partnerunternehmen."Wir ahnten nichts von diesem Schritt, wir sind schockiert", sagte Jesse Stiller, Chefredakteurin von CheckYourFact. Die Leiterin des Internationalen Faktenchecker-Netzwerks (IFCN), Angie Drobnic Holan, wies die Darstellung von Meta-Chef Mark Zuckerberg zurück. "Der Faktencheck-Journalismus hat nie Beiträge zensiert oder entfernt, sondern Informationen und Kontext zu umstrittenen Behauptungen hinzugefügt und Falschmeldungen und Verschwörungstheorien entlarvt", erklärte sie. Andere Partner, darunter AFP und USA Today, reagierten nicht sofort auf Anfragen, während Reuters eine Stellungnahme ablehnte.

Zuckerberg hatte in den vergangenen Monaten bestimmte
Maßnahmen der Inhaltsmoderation zu Themen wie etwa Covid-19
bedauert. Meta spendete auch eine Million Dollar an den Fonds
zur Amtseinführung von Trump - eine Abkehr der bisherigen
Praxis. "Dieser Schritt scheint eher eine politische
Beschwichtigung als eine kluge Vorgehensweise zu sein", sagte
Ross Burley, Mitbegründer des gemeinnützigen
Centre for Information Resilience

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Meta plant die Änderungen vorerst nur für den US-Markt.
In Regionen wie der Europäischen Union soll das Programm
zunächst bestehen bleiben. Mit dem Digital Services Act (DSA)
gelten in der EU strengere Vorschriften. Das Gesetz verpflichtet
große Online-Plattformen dazu, gegen Hass und Hetze sowie andere
illegale Inhalte im Internet vorzugehen. Manipulative Praktiken,
die Nutzer zu Käufen drängen, sind ebenso verboten wie auf
Kinder ausgerichtete Werbung. Bei Verstößen gegen den DSA drohen
Strafen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes.

(Bericht von Katie Paul, Deborah Sophia und Aditya Soni, geschrieben von Philipp Krach und Hakan Ersen, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)



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