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08.10.2024 /19:00:10
FOKUS 2-Zinszweifel und China-Dämpfer setzen Europas Börsen zu

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Ernüchterung nach China-Rally

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Erhoffte Details zu Konjunkturhilfen bleiben aus

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Im Zollstreit mit China droht Eskalation

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Luxus- und Bergbau-Branche unter Druck
 
(Neu: Xetra-Schlusskurse)
Frankfurt, 08. Okt (Reuters) - Die Erwartung kleinerer
Zinssenkungen und Zweifel rund um die Konjunkturmaßnahmen in
China haben die europäischen Börsen ins Minus gedrückt. Der
Dax <.GDAXI> notierte zum Handelsschluss am Dienstag 0,2 Prozent
schwächer bei 19.066,47 Punkten. Der EuroStoxx50 <.STOXX50E>
verlor 0,4 Prozent auf 4949,00 Zähler. Die wichtigsten
US-Indizes <.SPX> <.IXIC> notierten dagegen leicht fester.
Experten sprachen von einer Erholung nach dem Ausverkauf am
Montag.

"Aus dem Optimismus nach den Arbeitsmarktzahlen aus den USA ist an der Börse jetzt Unsicherheit über den daraus resultierenden geldpolitischen Kurs der US-Notenbank Fed geworden", sagte Konstantin Oldenburger, Analyst beim Broker CMC Markets. Die Währungshüter versuchen, mit erhöhten Zinsen die hohe Inflation einzudämmen, ohne die Konjunktur abzuwürgen. Dabei erwies sich der US-Arbeitsmarkt laut den jüngsten Daten erneut überraschend robust. "Sowohl an der Wall Street als auch an der Frankfurter Börse wissen die Anleger nicht so recht, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollen und erhoffen sich Klarheit von den am Donnerstag anstehenden US-Inflationsdaten", sagte Oldenburger.

LANGE GESICHTER IN CHINA

Auf die Aktien drückte auch die verpuffte Euphorie rund um die Konjunkturmaßnahmen in China. Für Enttäuschung sorgte vor allem, dass auf einer Pressekonferenz der Wirtschaftsplanungsbehörde erhoffte Details zu den angekündigten Hilfsmaßnahmen für Chinas Wirtschaft sowie frische Impulse ausgeblieben waren. "Die Märkte hofften, eine Orientierung für die Größe der fiskalischen Anreize zu erhalten", sagte Rong Ren Goh, Portfoliomanager bei Eastspring Investments. Jedoch habe es kaum Einzelheiten zu neuen fiskalischen Anreizen in China gegeben, die die vor zwei Wochen angekündigten geldpolitischen Anreize ergänzen sollen. Das vor zwei Wochen vorgestellte größte Konjunkturprogramm seit der Pandemie hatte ein Kursfeuerwerk ausgelöst. "Es war nur eine Frage der Zeit, bis nach der Rally in China erste Gewinnmitnahmen einsetzen", sagte Jochen Stanzl, Analyst beim Broker CMC Markets.

Die damals größten Gewinner mussten nun am stärksten Federn lassen. Die besonders vom chinesischen Markt abhängige Bergbau- und Luxusbranche gaben deutlich nach. Der europäische Bergbau-Branchenindex <.SXPP> rutschte um 4,4 Prozent ab; europäische Luxusmarken <.STXLUXP> büßten 1,4 Prozent ein. "China ist der übliche Verdächtige", konstatierte Stephane Ekolo, Aktienstratege bei TFS Derivatives.

MINENBETREIBER UND LUXUSWERTE UNTER DRUCK

In London drückten fallende Kupfer- und Eisenerzpreise die Aktien der Minenbetreiber Anglo American, Antofagasta und Rio Tinto zwischen 4,8 und 6,7 Prozent. Aus der Luxusbranche fielen in London und Paris die Anteilsscheine von Burberry, Kering <PRTP.PA> und LVMH <LVMH.PA> zwischen 3,6 und 4,5 Prozent. Kopfschmerzen bereitete Anlegern auch eine drohende Eskalation im Zollstreit mit China. Die Volksrepublik verhängte am Dienstag vorübergehende Antidumpingmaßnahmen auf Brandy-Importe aus der Europäischen Union. Im vergangenen Jahr kamen 99 Prozent der Weinbrand-Importe Chinas aus Frankreich. Die Aktien von Remy Cointreau <RCOP.PA> rutschten um 6,4 Prozent ab; die Titel von Pernod Ricard <PERP.PA> verbilligten sich um 4,2 Prozent.

Ein positiver Impuls kam unterdessen von Unternehmen in Deutschland, die ihre Produktion trotz der Konjunkturflaute überraschend kräftig hochgefahren haben. Industrie, Bau und Energieversorger stellten im August zusammen 2,9 Prozent mehr her als im Vormonat. Dies ist der größte Anstieg seit Oktober 2021. Ökonomen hatten nur mit plus 0,8 Prozent gerechnet. "Nach den schwachen Auftragseingängen für den August ist die Industrieproduktion reine Labsal", kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank Group. Vor allem die deutsche Automobilproduktion habe mächtig zugelegt.

(Bericht von Zuzanna Szymanska und Stefanie Geiger, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)



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