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16.09.2024 /12:00:01
STICHWORT-Warum die USA die Videoplattform TikTok verbieten wollen

16. Sep (Reuters) -

Mitten in der heißen Phase des US-Präsidentschaftswahlkampfs beginnt der Prozess um ein Verbot von TikTok. Im Frühjahr hatte der Kongress ein

Gesetz verabschiedet

, das den chinesischen Konzern ByteDance dazu verpflichtet, das US-Geschäft seiner Tochter TikTok binnen weniger Monate zu verkaufen. Andernfalls werde die besonders bei Jugendlichen beliebte App in den USA blockiert. In dem Land hat der Online-Dienst 170 Millionen Nutzer. Das ist etwa die Hälfte der Bevölkerung. Daher ist ein mögliches Verbot ein politisch brisantes Thema.

TikTok und ByteDance stehen wegen ihrer Nähe zur
Regierung in Peking in zahlreichen Ländern unter
Spionageverdacht. Sowohl die Unternehmen als auch die
chinesischen Behörden haben diese Vorwürfe

mehrfach zurückgewiesen

.



Nachfolgend einige Fragen und Antworten zu diesem Thema:

WARUM WOLLEN DIE BEHÖRDEN TIKTOK VERBIETEN?

Abgeordnete sowohl der Demokraten als auch der Republikaner betrachten die App als Risiko für die nationale Sicherheit, weil die Regierung in Peking das Unternehmen zwingen könnte, Nutzerdaten herauszugeben.

Bei einer Anhörung im US-Repräsentantenhaus warnte Geheimdienst-Koordinatorin Avril Haines, dass die Regierung in Peking versuchen könnte, TikTok zur Beeinflussung der anstehenden US-Präsidentschaftswahlen zu nutzen.

Im aktuellen Wahljahr wollen viele US-Politiker gegenüber China Härte zeigen. Der Streit um TikTok ist nur einer von vielen: Um den technologischen und militärischen Aufstieg Chinas zu bremsen, haben die USA unter anderem die Exporte hochmoderner Computerchips in die Volksrepublik eingeschränkt.

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hatte während seiner Amtszeit bereits versucht, TikTok zu verbieten. Er war damals an den US-Gerichten gescheitert. Im aktuellen Wahlkampf ist er allerdings mit einem eigenen Kanal auf der Plattform aktiv. Auch seine Kontrahentin, die aktuelle US-Vizepräsidentin Kamala Harris, versucht dort, junge Wählerinnen und Wähler für sich zu gewinnen.

WER HAT FÜR DAS GESETZ GESTIMMT, WER DAGEGEN?

Das US-Repräsentantenhaus hat die Vorlage mit einer überparteilichen Mehrheit von 360 zu 58 Stimmen verabschiedet. Im Senat waren es 79 zu 18 Stimmen. Führende Demokraten und Republikaner hatten die Initiative gemeinsam angestoßen.

Zu den Gegnern des Gesetzes gehört die prominente demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, die mit "Nein" gestimmt hat. "Es gibt ernsthafte kartell- und datenschutzrechtliche Fragen. Alle Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit sollten vor einer Abstimmung der Öffentlichkeit dargelegt werden." Ihr demokratischer Kollege Ro Khanna befürchtet, dass das Gesetz einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten wird, da die Redefreiheit ein hohes Gut sei.

Zahlreiche Jungwähler stehen einem möglichen Verbot kritisch gegenüber. Für sie ist die App ein wichtiges Werkzeug, um politische Themen zu verfolgen oder ihre Ansichten zu teilen. In Deutschland ist inzwischen auch Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Plattform präsent.

WIE GEHT DAS GESETZGEBUNGSVERFAHREN WEITER?
Die erste Frist für den Verkauf läuft am 19. Januar 2025
aus, am Tag vor der Vereidigung der kommenden US-Präsidentin
oder des kommenden Präsidenten. Sie kann um drei Monate
verlängert werden, sollte der aktuelle Präsident Joe Biden der
Ansicht sein, dass sich die Transaktion ihrem Abschluss nähert.
Es ist allerdings unklar, ob die chinesische Regierung einen
TikTok-Verkauf zulassen würde oder diese Transaktion im
vorgegebenen Zeitrahmen abgewickelt werden kann.
WIE REAGIERT TIKTOK?

Die Kurzvideo-Plattform klagt gegen das Gesetz. Ihre Anwälte sehen in einem Verbot einen Verstoß gegen die von der Verfassung geschützte Redefreiheit. Dieses Verfahren könnte sich bis ins kommende Jahr hineinziehen. In einem ähnlichen Fall in Montana läuft ein Berufungsverfahren gegen ein Verbot in diesem US-Bundesstaat.

WER KÖNNTE DAS US-GESCHÄFT VON TIKTOK ÜBERNEHMEN?

Die Analysten des Vermögensverwalters Wedbush sehen Microsoft <MSFT.O> und Oracle <ORCL.O> als mögliche Käufer für TikTok. Die beiden US-Konzerne hätten in der Vergangenheit bereits Interesse bekundet. Auch diverse Finanzinvestoren und Konsortien, darunter eines um den früheren US-Finanzminister Steven Mnuchin und eines um den Milliardär Frank McCourt, stünden bereit.

Experten zufolge würde ByteDance TikTok niemals inklusive der Algorithmen verkaufen, die unter anderem Nutzern neue Clips vorschlagen. Sie fielen unter Technologien, für deren Export eine staatliche Genehmigung der Regierung in Peking notwendig sei. Ohne diese Algorithmen sei die Video-Plattform deutlich weniger wert als aktuell.

WIE WÜRDE EIN VERBOT DURCHGESETZT?

Sollte sich ByteDance nicht innerhalb der Frist vom US-Geschäft der Tochter trennen, müssen Anbieter wie Apple <AAPL.O> oder die Alphabet <GOOGL.O>-Tochter Google TikTok aus ihren jeweiligen App Stores entfernen. Außerdem dürfen US-Unternehmen die Dienste von Firmen, die von ByteDance kontrolliert werden, nicht mehr auf ihren Servern oder über ihre Telekommunikationsnetze laufen lassen. Theoretisch würde US-Nutzern damit der Zugriff auf TikTok unmöglich gemacht. Eine solche Blockade lässt sich allerdings umgehen, indem Anwender sogenannte VPN-Software nutzen. Diese leitet Anfragen über Server in beliebigen Ländern.

IST TIKTOK IN ANDEREN LÄNDERN AUCH VERBOTEN?

TikTok und die Programme einiger anderer chinesischer Anbieter sind in Indien seit Mitte 2020 komplett verboten. Das Land begründete dies mit einer Gefahr für die nationale Sicherheit. Auch Nepal hat die Video-App verbannt. In zahlreichen anderen Staaten mussten Regierungsvertreter und Staatsbedienstete TikTok von ihren Diensthandys löschen. Auch bei der EU-Kommission ist die App auf diesen Geräten tabu.

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STICHWORT-Wo die chinesische Kurzvideo-App TikTok verboten ist STICHWORT-ByteDance - Der Konzern hinter der Video-App TikTok

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(Zusammengestellt von Hakan Ersen, David Shepardson und Chris Sanders, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)



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