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07.07.2025 /11:11:45
FOKUS 1- Polnische Kontrollen schränken Grenzverkehr bisher kaum ein

(Durchgehend neu)

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Kontrollen Reaktion auf deutsches Vorgehen

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Tusk innenpolitisch unter Druck

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Polen-Beauftragter: Kein guter Tag für Beziehung zu Polen

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Kontrollen auch an Grenze zu Litauen

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Warschau/Berlin, 07. Jul (Reuters) - Die neuen
polnischen Kontrollen haben den Grenzverkehr zu Deutschland
bisher kaum beeinträchtigt. "Alles läuft ohne Zwischenfälle ab",
erklärte Innenminister Tomasz Siemoniak dem Sender TVN24 am
Montagmorgen. 800 Polizisten, 200 Grenzbeamte und 500 weitere
Soldaten seien in voller Bereitschaft. Sie sollen gezielt an 52
Grenzübergängen nach Schleusern und Migranten suchen, ohne den
Pendelverkehr zu stark zu behindern. Der Polen-Beauftragte der
Bundesregierung warnte dennoch: "Das ist kein guter Tag für das
deutsch-polnische Verhältnis", sagte Knut Abraham (CDU) der
Nachrichtenagentur Reuters. "Eine Verdichtung der Kontrollen an
der deutsch-polnischen Grenze wird nicht die Lösung des
Migrationsproblems sein", fügte er hinzu.

Polen hat die Grenzkontrollen zu Deutschland auch als Reaktion auf die verschärften Kontrollen auf deutscher Seite eingeführt. Seit Mai weist die Bundespolizei an allen Grenzen teils auch Asylbewerber ab, was juristisch umstritten ist. Zudem führt dies bei einigen Nachbarstaaten wie in Polen für Verärgerung. Die polnischen Kontrollen sollen zunächst für vier Wochen gelten. Sie wurden auch an der Grenze zu Litauen eingeführt.

Ministerpräsident Donald Tusk steht innenpolitisch unter Druck, da Zurückweisungen von Migranten durch Deutschland nach Polen in seinem Land für Unmut sorgen. Bei einer Pressekonferenz um Mitternacht zum Auftakt der Kontrollen hatte Innenminister Siemoniak betont, dass nur staatliche Beamte wie Grenzschützer befugt seien, Fahrzeuge zu kontrollieren - eine Anspielung auf "Bürgerwehren". Diese hatte sich vereinzelt gebildet, um zurückgewiesene Migranten aus Deutschland wieder Richtung Westen zu drängen. Die Stimmung in Polen gegenüber Migranten hat sich verschärft, nachdem im Juni eine 24-jährige Frau von einem Venezolaner getötet wurde. Am Sonntag gedachten 10.000 Menschen bei einem von Nationalisten organisierten Marsch der Frau.

GEREIZTE STIMMUNG GEGEN MIGRANTEN IN POLEN

Am Samstag starb ein Pole nach einem Messerstich bei einer Auseinandersetzung im Norden des Landes. Ein Kolumbianer steht unter Tatverdacht. Die Polizei nahm insgesamt 13 Personen fest - drei Polen und zehn Kolumbianer. Der staatliche Sender TVP Info zeigte wütende Menschenmengen, die sich vor dem Arbeiterheim versammelten, in dem die Kolumbianer lebten.

Auch der Polen-Beauftragte Abraham führte die Kontrollen auf den innenpolitischen Druck zurück: "Insofern war die polnische Regierung auch gezwungen, hier zu reagieren." Die Zahlen rechtfertigten - "und zwar auch beidseitig" - kein strenges Grenzregiment. Letztlich gehe es in beiden Fällen um die politische Signalwirkung, dass man die eigenen Grenzen schütze. Man werde Migranten aber letztlich nur an den EU-Außengrenzen abhalten können.

Die Wiedereinführung der Grenzkontrollen ist das jüngste Beispiel dafür, wie wachsende Sorgen über Migration in der EU das passfreie Schengen-System belasten. Bereits die Niederlande, Belgien und eben Deutschland waren ähnlich vorgegangen.

Der Vize-Bürgermeister von Slubice, dem polnischen Teil der "Doppelstadt" mit Frankfurt/Oder, zeigte sich enttäuscht: "Für unsere Doppelstadt bedeutet das natürlich große Einschränkungen", sagte Tomasz Stefanski. "Wir haben lange dafür gekämpft, um der Europäischen Union beizutreten und den Schengenvertrag zu unterschreiben. Das sieht so aus, als wäre es das Ende der Schengenzone."

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hat für den 18. Juli zu einem Migrationsgipfel mit zahlreichen EU-Staaten eingeladen. Dabei soll es auch um eine nochmalige Verschärfung der geplanten neuen Grenzbestimmungen der EU gehen.

(Bericht von: Alan Charlish and Pawel Florkiewicz, Reuters TV, Andreas Rinke, Markus Wacket; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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