08. Jan (Reuters) - Für TikTok rückt ein Verbot in den USA immer näher: Einem Gesetz zufolge bleibt dem chinesischen Mutterkonzern ByteDance bis zum 19. Januar Zeit, seine Kurzvideo-Tochter zu verkaufen. Sonst wird die vor allem bei Jugendlichen beliebte Plattform in den USA gesperrt. Wegen der wachsenden Spannungen zwischen den USA und China wird der Fall kontrovers diskutiert. Während Verbotsbefürworter in der App eine Gefahr für die nationale Sicherheit sehen, betrachten Kritiker das Gesetz als Eingriff in die Meinungsfreiheit. TikTok hat in den USA 170 Millionen Nutzer, rund die Hälfte der dortigen Bevölkerung.
Nachdem TikTok mit einer Klage gegen das Verbot zunächst gescheitert war, muss nun der Oberste Gerichtshof der USA entscheiden. Eine wichtige Rolle in dem Streit könnte Donald Trump spielen, der am Tag nach dem möglichen Verbot in seine zweite Amtszeit als US-Präsident eingeführt wird. Er hatte das Verfahren gegen TikTok vor einigen Jahren angestoßen, sich zuletzt aber gegen ein Verbot ausgesprochen.
Nachfolgend eine Übersicht über die Folgen, sollte TikTok gesperrt werden:
In den App-Stores der verschiedenen Anbieter darf TikTok nicht mehr zum Download angeboten werden. Auch die Aktualisierung des bereits installierten Programms ist dann nicht mehr möglich. Bereits vor einigen Wochen hatten US-Parlamentarier die beiden führenden Betreiber Apple <AAPL.O> und Google <GOOGL.O> aufgefordert, TikTok pünktlich zum 19. Januar aus ihren App-Stores zu entfernen. Von einem Verbot der App wäre auch Oracle <ORCL.N> betroffen. Der US-Konzern verarbeitet die Daten der US-Nutzer von TikTok auf seinen Servern.
Google wollte sich zu diesem Thema nicht äußern. Apple und Oracle waren für einen Kommentar nicht zu erreichen.
Die 170 Millionen Bestandskunden werden die App voraussichtlich weiter nutzen können, da sie bereits auf ihren Geräten installiert ist. Ohne neue Funktionen und Sicherheitsupdates könnte sie im Laufe der Zeit aber unbrauchbar werden. Im Internet kursieren bereits Tipps, wie ein US-Verbot mit Hilfe eines Virtuellen Privaten Netzwerks (VPN) umgangen werden kann. VPN-Software verschleiert den wahren Standort eines Nutzers, indem es Anfragen über beliebige Server in einem anderen Land leitet.
Selbstständige und Kleinunternehmer, die TikTok als Werbe-Plattform nutzen, rechnen mit Umsatz-Einbußen und steigenden Marketing-Kosten. "Wenn TikTok verschwindet, werden wir zwar überleben, aber es wird ein harter Schlag", sagt Nadya Okamoto, die 4,1 Millionen Follower auf der Plattform hat und darüber Menstruationsprodukte vertreibt.
Das Schicksal der 7000 US-Beschäftigten von TikTok ist bislang unklar. Nach dem Rückschlag vor einem Berufungsgericht im Dezember rechneten viele von ihnen mit einer Entlassung, sagt ein Mitarbeiter der Plattform. Allerdings schreibt das Unternehmen weiter Stellen aus und verwirrt damit Jobsuchende. In einem Online-Forum schreibt ein Nutzer, er habe von TikTok einen Arbeitsvertrag erhalten, dem zufolge er seinen neuen Posten im Februar antreten solle. "Ich habe den Vertrag unterschrieben und warte ab, wie sich die Sache entwickelt", fügt er hinzu.
Dem Research-Haus Emarketer zufolge verbuchte TikTok im vergangenen Jahr in den USA Werbeeinnahmen von 12,3 Milliarden Dollar. Das ist zwar deutlich weniger als der Rivale Instagram der Facebook-Mutter Meta <META.O>, dank einer treuen Fan-Gemeinde werden viele Firmen wohl auch über den 19. Januar hinaus Werbung auf TikTok schalten. Erst bei sinkenden Nutzer-Zahlen würden sie über eine Abwanderung nachdenken.
Die Software werde trotz fehlender Aktualisierungen weiter genutzt, prognostiziert Craig Atkinson, Chef der Marketing-Agentur Code3. Die Funktion "TikTok Shop", mit der Nutzer Produkte direkt aus Videos heraus kaufen können, sei einzigartig. Seine Firma habe noch im Dezember neue Verträge für "TikTok Shop"-Kampagnen unterzeichnet.
ByteDance würde Insidern zufolge TikTok in den USA lieber dichtmachen als abstoßen. TikTok hat einen Verkauf mehrfach öffentlich eine Absage erteilt. Dennoch hat der Milliardär Frank McCourt nach eigenen Angaben bei Investoren Zusagen für Geldspritzen im Gesamtvolumen von 20 Milliarden Dollar eingesammelt, um TikTok zu übernehmen. Er arbeite zudem an einem neuen Geschäftsmodell für die Plattform. Mit ByteDance habe er zwar noch nicht direkt gesprochen, allerdings mit Vertretern der künftigen Trump-Regierung.
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(Zusammengestellt von Sheila Dang; geschrieben von Hakan Ersen, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)