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15.10.2024 /10:13:50
Ohne ausländische Kräfte würde Pflege in Deutschland wohl zusammenbrechen

Berlin, 15. Okt (Reuters) - Das Pflegesystem in Deutschland würde ohne ausländische Beschäftigte wohl zusammenbrechen. Dies geht aus einer am Dienstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Denn zum einen kommt bereits jede sechste Pflegekraft aus dem Ausland. Zum anderen wird seit 2022 das Beschäftigungswachstum in der Pflege nur noch von ausländischen Beschäftigten getragen. Die Zahl deutscher Pflegekräfte sinkt hingegen. Unter diesen befänden sich mittlerweile deutlich mehr ältere als jüngere Beschäftige, sagte IAB-Forscher Holger Seibert. "Viele von ihnen erreichen in den nächsten Jahren das Rentenalter."

Insgesamt knapp 1,7 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte waren laut IAB im Juni 2023 in der Pflege tätig, davon rund 270.000 aus dem Ausland. "Ausländische Pflegekräfte federn den demografisch bedingten Rückgang der deutschen Beschäftigten damit maßgeblich ab." Zugleich trügen sie dazu bei, dass der Arbeitskräftemangel in der Pflege nicht noch größer ausfalle und der Pflegebetrieb so aufrechterhalten werde.

Die Gesamtbeschäftigung in den Pflegeberufen ist von 2013 bis 2023 um 26 Prozent gestiegen. Ausländische Beschäftigte erzielten hier zwischen 2013 und 2023 ein stark überproportionales Beschäftigungswachstum: In der Altenpflege um 273 Prozent auf fast 87.000 Personen. Auch in der Krankenpflege war ein Plus von 109.000 Ausländern zu beobachten ? damit steigerte sich ihr Beschäftigungsstand um 256 Prozent. In der Krankenpflege erhöhte sich der Anteil ausländischer an allen Pflegekräften in den zehn Jahren von 4,9 auf 14,5 Prozent. In den Altenpflegeberufen lag der Anteil 2023 mit 18,9 Prozent zwölf Prozentpunkte höher als noch 2013.

2023 waren mehr ausländische Pflegekräfte aus Nicht-EU-Ländern als aus der EU in Deutschland tätig. Innerhalb der EU kommen sie oft aus Polen, Kroatien und Rumänien. Türken und Serben bilden eine große Gruppe unter den Pflegekräften aus Drittstaaten. Aus Ländern mit Anwerbevereinbarungen kommen besonders viele Kräfte aus Bosnien-Herzegowina, den Philippinen, Indien, Tunesien und Vietnam.

Viele Länder Europas haben wegen der Demografie einen ähnlich hohen Pflegekräftebedarf wie Deutschland. Die deutschen Pflegeeinrichtungen stehen bereits heute und werden daher auch in Zukunft in einer verstärkten internationalen Konkurrenz um ausländische Pflegekräfte stehen. "Neben erleichterten Zuwanderungsregeln für Arbeitskräfte, wird es auch um eine zügigere berufliche Anerkennung und höhere Wertschätzung der mitgebrachten Qualifikationen und Kompetenzen der Pflegekräfte aus dem Ausland gehen", betonte IAB-Forscherin Doris Wiethölter. "Generell brauchen wir eine verbesserte Willkommenskultur, um neue Beschäftigte auch langfristig in Deutschland halten zu können."

(Bericht von Klaus Lauer Redigiert von Hans Busemann Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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