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07.10.2024 /08:52:44
FOKUS 1-Industrie mit Auftragsminus - "Alles fühlt sich an wie eine Rezession"

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Bestellung sinken im August um 5,8 Prozent

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Stärkster Rückgang seit Januar

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Experte: "Klares Krisensignal"
 
(Mit Details, Ökonomen, Hintergrund)
Berlin, 07. Okt (Reuters) - Das Neugeschäft der
deutschen Industrie ist eingebrochen und verschärft die Krise
des wichtigen Wirtschaftssektors. Nach zwei Anstiegen in Folge
sanken die Bestellungen im August um 5,8 Prozent im Vergleich
zum Vormonat und damit so stark wie seit Januar nicht mehr, wie
das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Ökonomen hatten
nur mit einem Rückgang von 2,0 Prozent gerechnet. Allerdings
fiel das Auftragsplus vom Juli mit revidiert 3,9 Prozent höher
aus als anfangs mit 2,9 Prozent gemeldet. "Die Frühindikatoren
fallen, die Prognosen sinken, die schlechten Nachrichten reißen
nicht ab", sagte LBBW-Experte Jens-Oliver Niklasch. "Alles fühlt
sich an wie eine Rezession."
Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer bezeichnete die Daten
als herbe Enttäuschung. Alles in allem rechne er für das zweite
Halbjahr beim Bruttoinlandsprodukt allenfalls mit einer
Stagnation. "Von der ersehnten Konjunkturerholung ist weit und
breit nichts zu sehen."
 
Das Abschneiden im August geht auch auf die Entwicklung
der Großaufträge zurück. Ohne sie wären die Bestellungen nur um
3,4 Prozent gesunken. "Mit dem nun eingetretenen Rückgang sind
aber die Hoffnungen darauf, dass die Bestellungen die Talsohle
durchschritten haben könnten, wieder gesunken", erklärte das
Bundeswirtschaftsministerium. "Vor dem Hintergrund der
anhaltenden Nachfrageschwäche und angesichts der fortgesetzten
Eintrübung der Stimmung in den Unternehmen ist eine spürbare
Erholung der Industriekonjunktur in der zweiten Jahreshälfte
2024 wenig wahrscheinlich."
INLANDSAUFTRÄGE BRECHEN FAST ELF PROZENT EIN

Das Auftragsminus unterstreiche die schwierige Situation der Industrie und sei ein klares Krisensignal, sagte der wissenschaftliche Direktor des gewerkschaftsnahen IMK-Instituts, Sebastian Dullien. "Die drei wesentlichen Schlüsselbereiche der deutschen Industrie sind alle massiv von der Schwächephase betroffen: Der Automobilbau, der Maschinenbau und die Chemie." Das IMK rechne derzeit für das laufende Jahr mit einer Stagnation des Bruttoinlandsprodukts und kommendes Jahr mit einem Plus von 0,7 Prozent. "Die sich derzeit verschärfende Lage in der Industrie bedeutet ein Abwärtsrisiko für diese ohnehin nicht optimistische Prognose." Wachstumsraten von mehr als einem Prozent, wie sie die Bundesregierung für 2025 wohl erwarte, seien nach aktuellem Datenstand unrealistisch.

Die Aufträge aus dem Inland brachen im August um 10,9
Prozent ein. Die aus dem Ausland sanken um 2,2 Prozent. Dabei
fiel das Neugeschäft mit den Euro-Ländern kräftig um 10,5
Prozent, während das mit dem Rest der Welt um 3,4 Prozent
zulegte.

(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Reinhard Becker. - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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