Berlin, 07. Jan (Reuters) - Deutschland hat einer Studie zufolge seinen Treibhausgas-Ausstoß im Vergleich zu 1990 fast halbiert und 2024 sein Klimaziel erneut erreicht. Mit 656 Millionen Tonnen seien gegenüber 2023 drei Prozent weniger Klimagase in die Luft geblasen worden, teilte die Denkfabrik Agora Energiewende am Dienstagmorgen mit. Der Rückgang zum Referenzjahr 1990 habe damit 48 Prozent betragen. "Im Stromsektor zeigen die Klimaschutzmaßnahmen der letzten Jahre immer stärker ihre Wirkung", sagte Agora-Chef Simon Müller. Die Rekordproduktion mit Wind oder Sonne habe 2024 rund 55 Prozent des Stromverbrauchs gedeckt. Im Gegenzug habe die Kohleverstromung ein historisches Tief erreicht. Geholfen habe auch die milde Witterung. Die Wirtschaftsschwäche wiederum dämpfte die Emissionen der Industrie. In den Problembereichen Verkehr und Gebäude tat sich wenig. Die europäischen Vorgaben wurden hier verfehlt.
Deutschland muss bis 2030 insgesamt seine Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 zurückschrauben. Das Klimaschutzgesetz sieht bis dahin jährlich eine Höchstgrenze des CO2-Ausstoßes vor, die 2024 um 36 Millionen Tonnen oder gut fünf Prozent unterboten wurde. Nach dem von der Ampel reformierten Klimaschutzgesetz gelten für einzelne Sektoren keine Höchstgrenzen mehr. Die Zahlen und die Perspektive für 2030 müssen noch im Frühjahr vom Expertenrat für Klimafragen überprüft werden. Im vergangenen Jahr hatten die Experten mit Blick auf 2030 - trotz Erreichen des Ziels 2023 - ein Verfehlen attestiert. Wiederholt sich dies im Frühjahr, muss die neue Regierung dem Gesetz zufolge neue Klimainstrumente auf den Weg bringen.
Allein die Energiewirtschaft, der wichtigste Sektor, hat aufgrund des Booms erneuerbarer Energien rund neun Prozent an Klimagasen eingespart. Ein Rekordzubau von Solarenergie und mehr Windkraft drängte klimaschädlichen Kohlestrom zurück. Von der Windenergie wird vor allem in den nächsten Jahren noch ein großer Beitrag erwartet, da die Zahl der Genehmigungen 2024 stark gestiegen ist und die Windparks jetzt gebaut werden. Geholfen hat allerdings auch, dass Deutschland mehr Strom importierte, also nicht selbst erzeugen musste. Er kam laut Agora zur Hälfte aus Erneuerbaren und zu einem Viertel aus Atomkraft.
Der Industriesektor stieß dagegen sogar zwei Prozent mehr aus - obwohl die Wirtschaft insgesamt weniger produzierte. Laut Agora ein Alarmzeichen, dass der Klimaschutz etwa mit Hilfe von Wasserstoff dort stärker in Schwung kommen müsse.
Auch Gebäude und Verkehr konnten erneut ihre Emissionen nicht nennenswert senken. Beim Heizen half die milde Witterung etwas, dem Verkehr die Wirtschaftsschwäche mit weniger Lkw-Verkehr. Echte Fortschritte habe die Investitionsschwäche verhindert, beklagte Agora-Chef Müller. So sei der Absatz von Wärmepumpen um 44 Prozent und die Neuzulassungen von E-Autos um 26 Prozent zurückgegangen.
(Bericht von: Markus Wacket; redigiert von Sabine Ehrhardt Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)