Nachricht


16.09.2024 /10:51:15
VORSCHAU-Banger Blick der Ampel auf Landtagswahl in Brandenburg

*

SPD hofft auf Woidke-Wiederwahl - Ansonsten droht interne Debatte



*

Grüne kämpfen um Einzug in Landtag - FDP vor neuer Schlappe



*

Koalitionsbildung einfacher als in Thüringen



*

Wird AfD stärkste Kraft?





- von Andreas Rinke -

Berlin, 16. Sep (Reuters) - In den Ampel-Parteien und vor allem in der SPD wird mit besonderer Aufmerksamkeit auf die Landtagswahl in Brandenburg am Sonntag geschaut. Denn nach den schwachen Wahlergebnissen in Sachsen und Thüringen gilt die Wahl des Parlaments in Potsdam auch für die Stimmung in den Regierungsparteien im Bund als sehr wichtig. Zwar gibt es in dem Bundesland nur rund 2,1 Millionen Wahlberechtigte. Aber wenn Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sein Amt verteidigen sollte, kann die SPD darauf verweisen, dass sie trotz bundesweit schlechter Umfragewerte immer noch zwei Ministerpräsidenten in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg sowie Regierungsbeteiligungen in wahrscheinlich allen sechs ostdeutschen Bundesländern vorweisen kann. Das beruhigt die Nerven. Scheitert Woidke, könnte sich die Debatte über den Kurs der Kanzlerpartei und über Olaf Scholz verstärken.

Bei den anderen beiden Ampel-Parteien Grüne und FDP sind die Sorgenfalten noch größer. Während die SPD letzten Umfragen zufolge in Brandenburg mit immerhin 26 Prozent rechnen kann, wird die FDP von den Demoskopen gar nicht mehr gesondert aufgeführt, sondern verschwindet im Wust der sonstigen Parteien, die nicht im Landtag vertreten sein dürften. Nach Sachsen und Thüringen drohen die Liberalen also auch in Brandenburg an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern.

Die Grünen wiederum liegen in Umfragen mal knapp über, mal knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde. Ihr Einzug in den Landtag wäre eine Voraussetzung dafür, dass das bisherige Regierungsbündnis aus SPD, CDU und Grünen fortgesetzt werden könnte. Ihr Scheitern wäre ein weiterer Dämpfer für die Partei von Vizekanzler Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock.

ANTI-AMPEL-TREND AUCH IM LAND

Auffallend ist, dass der Anti-Ampel-Trend auch den Wahlkampf in Brandenburg prägte. So betonte Woidke, dass er keine gemeinsamen Auftritte mit dem Kanzler wolle. Er wütet gegen die Ampel-Entscheidungen über das Heizungsgesetz und das Bürgergeld, die vor allem im Osten kritisch gesehen werden.

Allerdings war Scholz als brandenburgischer SPD-Bundestagsabgeordneter dennoch präsent, etwa mit Bürgerdialogen in den Kleinstädten Seelow, Teltow und Prenzlau. Überall erklärte und verteidigte er die im Osten besonders umstrittene Militärhilfe für die Ukraine, betonte aber auch die Notwendigkeit, sich um Verhandlungen zu kümmern - und gibt sich in der Flüchtlingspolitik hart. Denn wie in Sachsen und Thüringen sehen Meinungsforscher auch in Brandenburg die Ukraine- und die Asylpolitik als Gründe, wieso die Parteien an den politischen Rändern, die AfD und das BSW, punkten können. Zusammen kommen sie in Umfragen auf gut 40 Prozent.

Die AfD möchte wie in Thüringen stärkste Kraft werden und liegt in Umfragen vorne - wird aber wohl Protestpartei bleiben, weil niemand mit ihr koalieren will. Ihr droht eine Wiederholung der Situation vor der letzten Landtagswahl 2019. Auch da lag die AfD - lange vor dem Zustandekommen der Ampel-Regierung in Berlin - lange vorne, wurde aber im letzten Moment von der SPD überholt. Darauf setzt Woidke auch diesmal, zumal mehr als die Hälfte der Befragten in Umfragen angeben, dass sie ihn als Landeschef gerne behalten würden. AfD-Kandidat Hans-Christoph Berndt wird dagegen im ZDF-Politbarometer und im ARD-Deutschlandtrend von weniger als zehn Prozent der Befragten als Ministerpräsident gewünscht.

WENIG ZUSTIMMUNG FÜR CDU-KANDIDAT

Die CDU hat anders als in den beiden ostdeutschen Freistaaten wohl keine Chance, den Ministerpräsidenten in Potsdam zu stellen. Für Jan Redmann als Landeschef sprechen sich laut Umfragen kaum mehr Menschen aus als für den AfD-Kandidaten. Anders als in Sachsen stellt die CDU nicht den Ministerpräsidenten - sie kann als Regierungspartei aber auch nicht wie in Thüringen einen harten Oppositionswahlkampf betreiben. Dennoch kann die CDU auch mit Werten wie derzeit um die 16 Prozent wieder damit rechnen, erneut Teil der Landesregierung zu werden.

Das Zünglein an der Waage könnten die Freien Wähler sein, die bisher schon im brandenburgischen Landtag vertreten waren. Schaffen sie den Sprung etwa durch den Gewinn von Direktmandaten, könnten sie SPD und CDU als Mehrheitsbeschaffer jenseits von AfD und BSW zur Verfügung stehen.

<^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^

HINTERGRUND-Ampel-Parteien vor den Ostwahlen - "Augen zu und
durch"
HINTERGRUND-"It's the demography, stupid" - Warum die AfD im
Osten stark ist
HINTERGRUND-Wagenknecht-Partei kurz nach Gründung schon Zünglein
an der Waage
ANALYSE-Auftrieb für AfD und BSW - Ukraine-Krieg prägt Ostwahlen

ANALYSE-CDU vor den Ostwahlen - Letzte Bastion gegen die AfD?

^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^>

(Redigiert von Thomas Seythal. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

Hinsichtlich weiterer Informationen und einer gegebenenfalls erforderlichen Offenlegung potenzieller Interessenkonflikte nach § 85 WpHG der für die Erstellung der zugrunde liegenden Finanzinformationen oder Analysen verantwortlichen Unternehmen wird auf das Informationsangebot dieser Unternehmen (Internetseite und andere Informationskanäle) verwiesen.