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08.01.2025 /08:32:46
SPOTANALYSE-Ökonomen zum unerwarteten Auftragsschwund in der Industrie

Berlin, 08. Jan (Reuters) - Die krisengeschüttelte deutsche Industrie hat im November einen unerwarteten Rückschlag erlitten. Ihre Aufträge fielen um 5,4 Prozent geringer aus als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einer Stagnation gerechnet. In ersten Reaktionen hieß es dazu:

JENS-OLIVER NIKLASCH, LBBW:

"Die Großaufträge wirken hier extrem verzerrend. Ohne sie war die Entwicklung im Spätherbst 2024 sogar halbwegs stabil. Allerdings sind natürlich auch Großaufträge Aufträge. Die Zahlen zeigen daher insgesamt, dass es um die hiesige Industrie im abgelaufenen Jahr schlecht bestellt war. Für 2025 sieht es bislang kaum besser aus. Zu den mittlerweile altbekannten Belastungsfaktoren des Standortes Deutschland treten nun die Unwägbarkeiten der zweiten Trump-Präsidentschaft hinzu. Wir richten uns auf ein konjunkturell äußerst schwieriges Jahr ein."

JÖRG KRÄMER, COMMERZBANK-CHEFVOLKSWIRT:

"Entscheidend sind die Orders ohne die stark schwankenden Großaufträge. Und diese Kerngröße bewegt sich weiter auf niedrigem Niveau seitwärts. Eine Wende zum Besseren zeichnet sich noch nicht ab, zumal das Ifo-Geschäftsklima bis zuletzt gefallen ist. Im Winterhalbjahr dürfte die deutsche Wirtschaft allenfalls stagnieren. Für dieses Jahr erwarte ich nur ein Mini-Wachstum von 0,2 Prozent."

ALEXANDER KRÜGER, CHEFVOLKSWIRT HAUCK AUFHÄUSER LAMPE:

"Das Drama um den Auftragseingang erreicht den nächsten Akt. Der Verweis auf fehlende Großaufträge ist nicht mehr als Schönrederei. Für einen belebenden Produktionsimpuls ist die Auftragslage jedenfalls nicht zuträglich. Kapazitäten dürften daher weiter an die fehlende Nachfrage angepasst werden. Die Themen Kapazitätsabbau, Stellenkürzungen und Abwanderung bleiben auf der Agenda."

CYRUS DE LA RUBIA, HAMBURG COMMERCIAL BANK:

"Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass in der Industrie die Talsohle erreicht ist. Immerhin ist der Umsatz bei den Vorleistungsgütern den zweiten Monat in Folge gestiegen, bei den Investitionsgütern ist der Zuwachs im November relativ kräftig ausgefallen. Die schwache Auftragslage und die allgemeine Unsicherheit ? Zölle, Geopolitik und Wahlen ? macht es jedoch unwahrscheinlich, dass es im Verarbeitenden Gewerbe kurzfristig wieder schwungvoll zugeht."

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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