Wien, 05. Nov (Reuters) - In Österreich haben die konservative Volkspartei (ÖVP) und die sozialdemokratische SPÖ erste inhaltliche Sondierungsgespräche zur Bildung einer möglichen Regierung aufgenommen. Ein konkreter Fahrplan wurde von den Parteien nicht vorgestellt, jedoch sollen die Gespräche bereits am Mittwoch fortgesetzt werden, wie der amtierende Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer am Dienstag nach seinem Treffen mit SPÖ-Chef Andreas Babler erklärte. Ob es zu Koalitionsverhandlungen kommen wird, ist derzeit noch offen. Es gilt jedoch als wahrscheinlich, dass ein dritter Partner in die Gespräche eingebunden wird, da ÖVP und SPÖ nur eine knappe Mandatsmehrheit haben. Eine solche in Österreich als "Zuckerl-Koalition" bezeichnete Dreier-Regierung wäre eine Premiere. Als mögliche Partner werden die liberalen Neos und die Grünen gehandelt, wobei den Neos bessere Chancen eingeräumt werden.
Die rechtspopulistische FPÖ, die bei der Nationalratswahl Ende September erstmals als stimmenstärkste Partei hervorging, spielt in den Sondierungsgesprächen keine Rolle. Da keine andere Partei mit der FPÖ eine Regierung bilden wollte, beauftragte Bundespräsident Alexander Van der Bellen die zweitplatzierte ÖVP mit der Führung der Sondierungsgespräche. Eine Frist, bis wann eine Koalition gebildet werden muss, gibt es nicht. Im Schnitt dauerten Regierungsverhandlungen in Österreich zwei bis drei Monate.
"Die Gespräche waren konstruktiv", sagte Nehammer. Da ÖVP und SPÖ jedoch aus unterschiedlichen politischen Lagern kommen, werde es ein "steiniger Weg". Der konservative Politiker nannte als zentrale Themen die Wirtschaft und den Wettbewerb, Migration und illegale Einwanderung sowie Gesundheit und Pflege. Auch das Budget soll einen Schwerpunkt bilden, wofür eine eigene Expertengruppe gegründet worden sei. Diese soll bis zum Ende der Woche Zahlen vorlegen, aus denen die weiteren Maßnahmen abgeleitet werden.
SPÖ-Chef Babler erklärte nach dem Treffen, er sehe einen Sinn in weiteren Gesprächen. Neben den von Nehammer vorgebrachten Themen nannte der SPÖ-Chef auch die Teuerung und den Klimaschutz. In all diesen Bereichen seien "große Lösungen anstelle von Minimalkompromissen" erforderlich.
(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)