Nachricht


12.07.2025 /12:50:48
FOKUS 1-Thyssenkrupp-Stahltochter und IG Metall einigen sich auf Sanierungstarifvertrag

*

Werksschließungen und Personalabbau



*

Gewerkschaft: Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen



*

Insider: Jährliche Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe





(Neu: weitere Äußerungen beider Seiten, Insider)
Düsseldorf/Berlin, 12. Jul (Reuters) -

Im Ringen um die Zukunft der kriselnden Stahlsparte von Thyssenkrupp <TKAG.DE> haben das Management und die IG Metall einen Durchbruch erzielt. Beide Seiten einigten sich auf die Eckpunkte eines Sanierungstarifvertrags, wie Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE) und die Gewerkschaft am Samstag mitteilten. Diese sehen unter anderem einen sozialverträglichen Abbau Tausender Stellen und den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 2030 vor, wie die IG Metall erläuterte. Mit den vereinbarten Maßnahmen spare das Unternehmen einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag im Jahr, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person.

Im Gegenzug habe die Arbeitnehmerseite Einschnitte bei
tariflichen Leistungen wie verkürzte Arbeitszeiten und
niedrigere Sonderzahlungen akzeptiert, erklärte die IG Metall.
Auch Werksschließungen sind vorgesehen. Die Eckpunkte sollten
bis Ende September detailliert ausgearbeitet und abgeschlossen
werden, erklärte TKSE. Die Umsetzung stehe unter dem Vorbehalt
der Zustimmung durch die IG-Metall-Mitglieder bei TKSE sowie
einer noch ausstehenden Vereinbarung über die künftige
Finanzierung des Unternehmens.
 
Nach Angaben des Unternehmens sollen bis Ende 2028/29 im
Rahmen von Werksschließungen bis zu 1600 Stellen abgebaut
werden. Weitere Maßnahmen zur Personaleffizienz bis Ende 2027/28
beträfen rund 3700 Beschäftigte. Durch Ausgliederungen oder
Verkauf von Geschäftstätigkeiten will sich das Unternehmen bis
zum Ende 2029/30 von bis zu 4000 Mitarbeitern trennen. Die
Vereinbarung folgt auf die Ankündigung von Thyssenkrupp, bis zu
11.000 Stellen bei der Stahlsparte TKSE zu streichen oder
auszulagern. Die jährliche Produktionskapazität soll von 11,5
Millionen Tonnen auf 8,7 bis 9,0 Millionen Tonnen gesenkt
werden. Der neue Tarifvertrag soll bis zum 30.09.2030 laufen.
 
"Wir bauen überschüssige Kapazitäten ab, verbessern die
Effizienz und können so ein wettbewerbsfähiges Kostenniveau
erzielen", erklärte Vertriebs- und Transformationsvorständin
Marie Jaroni. "Auf dieser Basis ist es nun notwendig und
möglich, zügig Interessenausgleich und Sozialpläne
auszuarbeiten", sagte Personalvorstand Dirk Schulte. "Der
gefundene Kompromiss enthält für beide Seiten schmerzhafte
Elemente", betonte IG-Metall-Bezirksleiter Knut Giesler.
"Betriebsbedingte Kündigungen sind jedoch vom Tisch und
Garantien für Standorte und Investitionen in die Anlagen gibt es
auch."
 
IG Metall und Thyssenkrupp Steel Europe gehen damit
einen Schritt in Richtung Verselbstständigung des größten
deutschen Stahlkonzerns. Konzernchef Miguel Lopez will das
konjunkturanfällige Werkstoff-Geschäft in ein
50:50-Joint-Venture mit einer Holding des tschechischen
Milliardärs Daniel Kretinsky führen, der bereits 20 Prozent der
Anteile hält. Auch nach der jetzigen Einigung müssen diverse
Punkte noch geklärt werden. Dazu gehört auch die Frage, wie hoch
die Mitgift sein wird, die der Mutterkonzern seiner Tochter mit
auf den Weg gibt.

(Bericht von Christoph Steitz, Tom Käckenhoff, Christian Götz und Jörn Poltz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

Hinsichtlich weiterer Informationen und einer gegebenenfalls erforderlichen Offenlegung potenzieller Interessenkonflikte nach § 85 WpHG der für die Erstellung der zugrunde liegenden Finanzinformationen oder Analysen verantwortlichen Unternehmen wird auf das Informationsangebot dieser Unternehmen (Internetseite und andere Informationskanäle) verwiesen.