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06.01.2025 /14:19:59
SPOTANALYSE-Ökonomen zum kräftigen Anstieg der deutschen Inflationsrate

Berlin, 06. Jan (Reuters) - Die deutsche Inflation ist im Dezember den dritten Monat in Folge gestiegen. Die Verbraucherpreise erhöhten sich überraschend deutlich um 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Montag zu seiner ersten Schätzung mitteilte. Im November hatte die Teuerungsrate noch bei 2,2 Prozent gelegen, im Oktober bei 2,0 Prozent und im September bei 1,6 Prozent.

Von Reuters befragten Ökonomen hatten für Dezember nur mit einem Anstieg von 2,4 Prozent gerechnet. Analysten sagten zu den Daten in ersten Reaktionen:

MICHAEL HERZUM, UNION INVESTMENT:

"Auch wenn die Teuerung weiterhin über dem Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent liegt, sollte sie im ersten Quartal wieder sinken und die Zwei-Prozent-Marke erreichen. Das Inflationsmonster wird absehbar zu einem Papiertiger mutieren. Der kurzzeitige Teuerungsanstieg sollte nicht täuschen. Ein großer Teil geht auf statistische Effekte bei den Energiepreisen zurück. Die EZB steht knapp davor, ihr Inflationsziel nachhaltig zu erreichen.

Anders als die US-Notenbank kann die EZB weiter zügig mit Zinssenkungen fortfahren. Die schwächelnde Konjunktur hält die Preisdynamik in Schach. Risiken für die Inflation bestehen zwar durch drohende Handelsbarrieren unter einer Trump-Regierung. Doch die preistreibenden Effekte dürften durch günstige Importe aus anderen Regionen ausgeglichen werden. Somit steht weiteren Zinssenkungen der EZB nichts entgegen. Wir erwarten, dass die EZB den Leitzins im laufenden Jahr bis auf 1,75 Prozent senken wird."

SILKE TOBER, GEWERKSCHAFTSNAHES IMK-INSTITUT:

"Im laufenden Jahr dürfte sich die Inflationsdynamik normalisieren. Die Dienstleistungspreise werden weniger stark steigen, insbesondere weil sich die aufholende Lohnentwicklung abschwächt, die Anhebung der Mehrwertsteuer auf Speisen in Gaststätten keine Rolle mehr spielt und die massiven Preissteigerungen bei einzelnen Dienstleistungen wie Kfz-Versicherungen und Pflegeeinrichtungen auslaufen. Die relativ hohe Inflationsrate im Dezember 2024 ist zum einen auf einen Basiseffekt bei den Energiepreisen zurückzuführen und war erwartet worden. Zum Teil dürfte er aber auch auf Änderungen bei der Erhebung zurückgehen, die zudem die Wahrscheinlichkeit einer Revision bis zur endgültigen Veröffentlichung in zehn Tagen erhöhen."

ALEXANDER KRÜGER, CHEFÖKONOM HAUCK AUFHÄUSER LAMPE:

"Die Inflationsrate hat zum Jahresende ein wieder hässlicheres Gesicht gezeigt. Nicht zuletzt durch die CO2-Preiserhöhung zieht im Januar weiterer Inflationsdruck auf. Auch deshalb wird die Inflationsrate in den nächsten Monaten über 2,0 Prozent liegen. Die deutsche Vorgabe spricht klar gegen große Zinssenkungen der EZB."

RALF UMLAUF, HELABA:

"Wieder mehr Inflation in Deutschland. Der monatliche Preisdruck ist zum Jahresende überdurchschnittlich ausgefallen und so ist die Jahresteuerungsrate auf 2,6 Prozent gestiegen. Das EZB-Ziel wird deutlich verfehlt und so dürften die Zinssenkungserwartungen bezüglich der Europäischen Zentralbank keine neue Nahrung bekommen, zumal eine Senkung um 25 Basispunkte bei der nächsten Ratssitzung im Januar bereits vollständig eingepreist ist."

JÖRG KRÄMER, CHEFÖKONOM COMMERZBANK:

"Das vergangene Jahr endete mit einer unangenehmen Meldung von der Inflationsfront. Die Teuerungsrate zog im Dezember deutlich stärker an, als von den vorab befragten Volkswirten erwartet worden war. Das lag nicht nur an höheren Energiepreisen, sondern auch an stark steigenden Preisen für Dienstleistungen, die von kräftigen Lohnerhöhungen getrieben werden. Im Januar dürfte die Inflation wegen höherer Preise für CO2 und Versicherungsdienstleistungen ähnlich hoch ausfallen. Noch ist das Inflationsproblem nicht gelöst."

(Bericht von Klaus Lauer - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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