Berlin, 31. Okt (Reuters) - Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat nach eigenen Angaben keine Pläne, die Ampel-Koalition vorzeitig zu beenden - schließt dies aber auch nicht aus. "Ich habe keinen diesbezüglichen Vorsatz", sagte der FDP-Chef im "Spiegel"-Spitzengespräch laut einem am Donnerstag veröffentlichten Vorabbericht auf die Frage, ob er die Ampel beenden wolle. Lindner fügte hinzu: "Aber Deutschland braucht eine Richtungsentscheidung." An Spekulationen über vorgezogene Neuwahlen wolle er sich nicht beteiligen.
Zugleich zeigte sich der Finanzminister davon überzeugt, dass sich SPD, Grüne und FDP auf den Haushalt 2025 einigen werden. "Jetzt haben wir den Haushalt für 25, da können wir nicht das Geld herbeizaubern, sondern wir müssen jetzt Prioritäten setzen, Entscheidungen treffen", sagte er. Auf die Frage, ob das gelingen werde, antwortete der FDP-Chef: "Ja, weil wir gar keine andere Option haben. Also eine Regierung braucht einen Haushalt, sonst ist sie keine Regierung mehr."
Der Finanzminister zeigte sich unzufrieden mit der Arbeitsweise der Bundesregierung. "Die Art und Weise, wie die Regierung sich gegenwärtig präsentiert, und auch die nicht geklärte Grundrichtung entspricht nicht meinem Selbstanspruch an Regierungshandeln." Es gelinge der Regierung "in zunehmendem Maße nicht", öffentlich etwas zu vertreten, was man beschlossen habe.
Lindner verteidigte zudem, dass die FDP-Bundestagsfraktion kommenden Montag zum zweiten Mal ein Wirtschaftstreffen mit Verbänden plant. Er sei in die Planungen von Kanzler Olaf Scholz zu den Industrietreffen nicht eingebunden gewesen. Vielmehr habe er wie Wirtschaftsminister Robert Habeck eine Stunde vor der Regierungserklärung des Kanzlers davon erfahren. "Aber das kritisiere ich nicht, das ist sein Recht", sagte Lindner. Er wies jedoch darauf hin, dass es nur eine gemeinsame Regierungslinie aller drei Partner geben könne. "Es könnte also ratsam sein, auch den Wirtschafts- und Finanzminister einzubinden, wenn es um Grundfragen der Wirtschafts- und Finanzpolitik geht ? Richtlinienkompetenz hin oder her", fügte der FDP-Chef hinzu.
(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)