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10.01.2025 /11:25:07
FOKUS 1-Vor Trumps Amtsantritt ist deutscher Überschuss im US-Handel auf Rekordkurs

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Südekum: Trump wird Handelsschranken aufbauen

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IfW: Ein Treiber ist das Konjunkturgefälle
 
(neu: mit IfW)
Berlin, 10. Jan (Reuters) - Kurz vor Amtsantritt des
neuen US-Präsidenten Donald Trump steuert der von dem
Republikaner kritisierte deutsche Exportüberschuss im Handel mit
den Vereinigten Staaten auf ein Rekordniveau zu. Die
Warenexporte in die USA übertrafen die Importe von dort von
Januar bis November 2024 um mehr als 65 Milliarden Euro. Das
geht aus einer Reuters-Auswertung von Daten des Statistischen
Bundesamtes hervor. Zum Vergleich: Im Gesamtjahr 2023 erzielte
der deutsche Außenhandel mit den USA den bisherigen
Rekord-Exportüberschuss von rund 63 Milliarden Euro. Schon seit
2017 weist Deutschland im Handel mit den USA so hohe Überschüsse
aus wie mit keinem anderen Land.

"Die deutschen Exporte in die USA haben sich in den letzten Monaten sehr gut entwickelt und liegen jetzt auf einem Rekordwert", sagte Jens Südekum vom Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE). Die Ausfuhren in die Vereinigten Staaten legten in den ersten elf Monaten um 2,3 auf 149,9 Milliarden Euro zu, womit diese ihre Stellung als größter Abnehmer von Waren "Made in Germany" festigten. "Das ist auch eine Folge des konjunkturellen Booms in den USA und der gezielten Offensive der Biden-Administration, moderne Industrieproduktion wieder in den USA anzusiedeln", sagte der Professor für Volkswirtschaftslehre an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität. Hiervon profitiere etwa der deutsche Maschinenbau als wichtiger Zulieferer.

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) sieht das Konjunkturgefälle als wichtigsten Faktor hinter dem hohen Überschuss. "Während die Produktion und Nachfrage in den USA 2024 kräftig stieg, verharrte Deutschland in der Stagnation", sagte IfW-Experte Klaus-Jürgen Gern. Dadurch seien die deutschen Importe aus den USA spürbar zurückgegangen, wozu auch sinkende Preise für Öl und vor allem LNG-Gas beigetragen hätten. "Treiber des Handels zwischen den USA und Deutschland ist zudem die hohe Zahl an deutschen Unternehmen, die in den USA aktiv sind", fügte Gern hinzu.

"ES WIRD SEHR UNGEMÜTLICH WERDEN"

Deutschland könne nicht darauf hoffen, dass die amerikanische Nachfrage die deutsche Rezession beende, warnte Südekum, der auch im wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums sitzt. "Im Gegenteil: Trump hat hohe Zölle auch gegenüber der EU angekündigt und kein europäisches Land wird davon so stark betroffen sein wie Deutschland." Trump und seine Berater richteten ein hohes Augenmerk auf bilaterale Handelsdefizite. Das zeigten die Erfahrungen aus seiner ersten Amtszeit.

"Trump wird nicht bereit sein, dass Amerika weiterhin als großer Absatzmarkt für die deutsche Industrie funktioniert", sagte Südekum. "Er wird Handelsschranken aufbauen und deutsche Industriekonzerne, etwa die Autobauer, auffordern, ihre Produktion in die USA zu verlagern." Zudem werde er von Deutschland verlangen, deutlich mehr amerikanische Güter zu importieren ? etwa LNG-Flüssiggas. "Die Handelsbeziehungen mit den USA werden in den kommenden Jahren sehr ungemütlich", prognostizierte der Professor.

Das sieht auch das IfW so. Insbesondere die Wirtschaftszweige mit besonders hohem Überschuss im bilateralen Handel dürften im Fokus stehen, sagte Ökonom Gern. So sei mit handelspolitischen Maßnahmen wie Zusatzzöllen und erhöhten Local-Content-Vorschriften für die Automobilindustrie auch dann zu rechnen, wenn allgemeine Zölle nicht kommen sollten. Mit solchen Lokalisierungsanforderungen wird festgelegt, wie hoch der Wertschöpfungsanteil im Inland mindestens sein soll.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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