17. Feb (Reuters) - Von den Grünen kommt Widerspruch gegen die Forderung von CSU-Chef Markus Söder nach Verhandlungen mit den in Afghanistan herrschenden Taliban über Abschiebungen von Straftätern dorthin. Statt die Taliban mit einer Kontaktaufnahme diplomatisch aufzuwerten und Gewalttäter abzuschieben, solle Deutschland massiv in Prävention investieren, sagte die Grünen-Innenpolitikerin Lamya Kaddor der "Rheinischen Post" (Montagausgabe) laut Vorabbericht.
Nach dem Anschlag von München und der Inhaftierung eines tatverdächtigen Afghanen hatte Söder Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) aufgefordert, am Montag Gespräche mit den Taliban über Abschiebeflüge aufzunehmen. Allein in Bayern gebe es fast 2000 ausreisepflichtige Afghanen, darunter knapp 200 schwere Straftäter. "Ausreisepflichtige Afghanen müssen unser Land rasch verlassen", hatte Söder der "Bild am Sonntag" gesagt.
"Der impulsgetriebene Vorschlag von Söder nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlag in München verkennt die außenpolitische Dimension", sagte Kaddor. "Das Taliban-Regime ist ein menschenverachtendes Regime, das Frauen systematisch unterdrückt und dies in den letzten Monaten noch einmal verschärft hat." Kaddor lehnte eine Kontaktaufnahme Deutschlands mit den Taliban ab, "da dies dem Aufbau offizieller diplomatischer Beziehungen gleichkommt".
Nach der Reihe von Anschlägen mit ausländischen Tatverdächtigen wie zuletzt in Aschaffenburg oder München sollten Ermittlungen abgewartet werden, sagte Kaddor. "Solche gefährlichen Gewalttäter abschieben zu wollen, ist die Bekämpfung des Symptoms, nicht der Ursache. Die meisten dieser islamistisch motivierten Täter radikalisieren sich erst in Deutschland, darauf sollten wir stärker blicken und massiv in Prävention investieren."
(Bericht von Jörn Poltz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)