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07.10.2024 /11:57:42
FOKUS 2-Fusion der Luxus-Modehändler - MyTheresa schluckt Yoox Net-a-Porter

(Neu: Mytheresa in Telefonkonferenz, Analysten)

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Richemont wird Verlustbringer YNAP im zweiten Anlauf los

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Luxuskonzern erhält 33 Prozent an Münchner MyTheresa

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MyTheresa bekommt Mitgift von 555 Millionen Euro
 
Zürich/München, 07. Okt (Reuters) - Der Münchner
Online-Luxusmodehändler MyTheresa <MYTE.N> <0FVy.MU> will den
doppelt so großen Rivalen Yoox Net-a-Porter (YNAP) schlucken und
in die schwarzen Zahlen führen. Der Schweizer Luxusgüterkonzern
Richemont <CFR.S> verkauft sein langjähriges Sorgenkind YNAP an
MyTheresa und beteiligt sich im Gegenzug mit 33 Prozent an dem
an der New Yorker Börse gelisteten Unternehmen. MyTheresa
bekommt eine Mitgift von 555 Millionen Euro, mit der die
Sanierung von YNAP finanziert werden soll. Das werde mehrere
Jahre dauern, räumte MyTheresa-Chef Michael Kliger am Montag in
einer Telefonkonferenz ein. YNAP schreibe Verluste. "Wir werden
viel Arbeit haben, aber die Chancen sind enorm. Wir schaffen
eine der führenden Luxusplattformen der Welt."

Richemont schreibt bei dem Verkauf 1,3 Milliarden Euro ab. Im Dezember 2023 hatte der für "Cartier"-Schmuck und "IWC"-Uhren bekannte Luxuskonzern den Teilverkauf von YNAP an die britische Farfetch abgeblasen, nachdem Farfetch vom südkoreanischen E-Commerce-Riesen Coupang <CPNG.N> übernommen wurde. Richemont war 2010 bei dem Start-up Net-a-Porter eingestiegen und übernahm das Unternehmen 2018 nach der Fusion mit Yoox ganz. "Mit dem Verkauf zieht Richemont einen Schlussstrich unter den fehlgeschlagenen Ausflug in die Welt des Online-Handels von Produkten fremder Hersteller, was nie sein Kerngeschäft war", sagte Analyst Jon Cox von Kepler Cheuvreux. Die Kosten des Ausstiegs seien verkraftbar. Die neuen Aktien der MyTheresa-Holding MYTE Netherlands, die Richemont bekommt, sind rechnerisch gut 110 Millionen Euro wert.

MyTheresa-Chef Kliger hat bereits ein Rezept, wie er YNAP sanieren kann. "Die Wurzel des Übels ist die hohe Komplexität", sagte er. Die Marken Net-a-Porter und Mr Porter sollen technisch auf die Online-Plattform von MyTheresa umziehen, die auf Luxus-Mode mit Preisnachlässen spezialisierte Yoox soll abgespalten werden. Die Zukunft des Portals ließ Kliger ebenso offen wie einen möglichen Stellenabbau.

MyTheresa verkauft derzeit Waren für rund 900 Millionen Euro im Jahr, Net-a-Porter und Mr Porter kommen auf 1,2 Milliarden, Yoox auf weitere 900 Millionen. Das fusionierte Unternehmen habe das Potenzial, um 15 bis 20 Prozent im Jahr zu wachsen", sagte Kliger. Ziel sei ein Bruttowarenwert von vier Milliarden Euro im Jahr 2029, bei einer hohen einstelligen operativen Umsatzrendite (Ebitda-Marge). Die Analysten der Zürcher Kantonalbank schätzen, dass YNAP im laufenden Geschäftsjahr allein 200 Millionen Euro operativen Verlust erwirtschaften wird.

MyTheresa verkauft online Mode der großen Luxushäuser und Designer wie Gucci, Yves Saint Laurent, Prada <1913.HK>, Burberry oder Valentino. YNAP hat ein noch breiteres Sortiment. MyTheresa war Anfang 2021 an die New Yorker Börse gebracht worden, damals für eine Bewertung von 2,2 Milliarden Dollar. Mit dem Schritt hielten Investoren das Unternehmen aus der Insolvenz seines Eigentümers, des US-Handelsriesen Neiman Marcus, heraus. Am vergangenen Freitag kam das Unternehmen auf einen Börsenwert von 367 Millionen Dollar. "Die Branche hat 18 harte Monate hinter sich - und vielleicht noch zwölf vor sich", sagte Kliger.

Die Wurzeln von MyTheresa liegen in der Münchner Innenstadt, wo die Modehändler Susanne und Christoph Botschen 1987 einen Modeladen unter dem Namen "Theresa" eröffneten. 2006 starteten sie den Online-Shop "mytheresa.com".

(Bericht von Oliver Hirt und Alexander Hübner redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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