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06.06.2025 /19:12:51
TOP-THEMA-Schweizer Regierung fordert von UBS Milliarden an Zusatzkapital

(Neu: UBS-Stellungnahme, Aktie, Anleger)

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UBS rechnet mit Mehrbedarf von 24 Milliarden Dollar

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UBS müsste Vorgabe erst in rund zehn Jahren erfüllen

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Parlament entscheidet

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Aktie zieht deutlich an
 
Bern, 06. Jun (Reuters) - Die Schweizer Regierung will
nach dem Untergang der Credit Suisse mit strengeren Regeln ein
weiteres Bankendebakel verhindern. Vor allem für die UBS <UBSG.S>
drohen einschneidende Verschärfungen der geltenden Vorgaben. So
müsste die einzige verbleibende Großbank des Landes eigenen
Angaben vom Freitag zufolge die Bilanz mit weiteren bis zu 24
Milliarden Dollar an Kernkapital aufpolstern. Dies ist rund ein
Drittel mehr als das Institut gegenwärtig hält. Die UBS
bezeichnete den Vorschlag in einer Reaktion als "extrem". "Ihre
vollständige Umsetzung würde unsere globale Wettbewerbsfähigkeit
untergraben und dem Schweizer Finanzsektor und letztlich auch
der Schweizer Wirtschaft insgesamt schaden", hieß es in einer
internen Mitteilung von Konzernchef Sergio Ermotti und Präsident
Colm Kelleher. Das letzte Wort dazu hat aber das Schweizer
Parlament und womöglich sogar das Volk. Auf jeden Fall hat die
UBS wohl rund zehn Jahre Zeit, das Kapital aufzubauen.

"Damit wird der Schweizer Finanzplatz stabiler und resilienter", erklärte Finanzministerin Karin Keller-Sutter auf einer Pressekonferenz. Die Vorschläge seien gezielt und würden helfen, die Wirtschaft und die Steuerzahler zu schützen. Sie gehe nicht davon aus, dass die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt werde. Gemäß den Vorschlägen müsste die UBS 15 bis 17 Prozent der risikogewichteten Aktiven als Kernkapital halten. Bei der Deutschen Bank <DBKGn.DE> seien es 13,8 Prozent, bei Morgan Stanley <MS.N> 15,7 Prozent. Sie rechne auch nicht mit einer Verteuerung der Kredite in der Schweiz. "Was stimmt ist, dass das Wachstum im Ausland teurer wird."

Nach einer Bankenkrise orchestrierte die Schweizer Regierung im März 2023 eine Not-Übernahme der Credit Suisse durch den größeren Rivalen UBS, um damit auch eine mögliche weltweite Finanzkrise abzuwenden. "Die Krise der Credit Suisse hat Schwachstellen aufgezeigt", sagte der Präsident der Schweizerischen Nationalbank, Martin Schlegel. "Der Vorschlag des Bundesrats behebt diese Schwachstellen."

MEHR KAPITAL FÜR AUSLANDSTÖCHTER

Ein wichtiger Ansatzpunkt ist die gegenwärtig als zu gering eingestufte Kapitalunterlegung der Auslandstöchter. Im Fall der Credit Suisse hatte die Teil-Unterlegung den Verkauf von Töchtern erschwert, weil dies bei der Muttergesellschaft eine Kapitallücke aufgerissen und die Krise verschärft hätte. Die gegenwärtige Regelung habe die Krisenbewältigung bei der Credit Suisse erschwert und sogar als krisenbeschleunigend gewirkt, erklärte die Finanzmarktaufsicht Finma.

Statt einer Eigenkapital-Unterlegung von bisher 60 Prozent sollen es in Zukunft 100 Prozent sein. Das Finanzministerium fordert nun nicht nur mehr Kapital von der UBS, sondern auch eine höhere Qualität des Kapitals. Gegenwärtig kann die Großbank die Auslandstöchter mit hartem Eigenkapital sowie mit sogenannten AT1-Anleihen unterlegen, die in einer Krise in Eigenkapital gewandelt werden können. Dem Finanzministerium zufolge hilft hartes Eigenkapital beim Überwinden einer Krise mehr als die Wandelanleihen. Wenn alles gut laufe, könne das erforderliche Kapital aufgebaut werden, ohne dass die Aktionäre angezapft, das Wachstum übermäßig eingeschränkt oder die Ausschüttungen an die Eigner zu stark reduziert würden, so die Regierung.

Die UBS will zwar an den für das laufende Jahr versprochenen Dividenden und Aktienrückkäufen festhalten, will sich zu den für 2026 bisher in Aussicht gestellten Rückkäufen von bis zu 5,6 Milliarden Dollar aber erst im Februar äußern. An der bestehenden Strategie und regionalen Aufstellung will der Konzern nicht rütteln.

PARLAMENT HAT DAS LETZTE WORT

Ob es zu der Verschärfung kommt, hängt vom Schweizer Parlament ab. Bis 2027 dürften die Abgeordneten die Kapitalfrage abschließend beraten. Experten rechnen damit, dass die UBS im Vorfeld intensiv Lobbyarbeit betreiben dürfte und damit bei der traditionell bankenfreundlichen Mehrheit des Parlaments auf offene Ohren stoßen könnte. In Kraft treten dürften die neuen Bestimmungen frühestens 2028. Sollte es zu einer Volksabstimmung kommen, würde es noch länger dauern. Für die Einführung sieht die Regierung dann eine Übergangsfrist von mindestens sechs bis acht Jahre nach Inkrafttreten der neuen Regelung vor.

Die Anleger reagierten mit Käufen auf die Ankündigung, die Aktie schloss 3,8 Prozent fester. Die Kapitalbelastung sei zwar erheblich, doch sorge der gestaffelte Zeitplan für eine Entschärfung der kurzfristigen negativen Auswirkungen, erklärte Maurizio Porfiri, Anlagechef von Maverix Securities. "Insgesamt schafft die Ankündigung eine Perspektive für regulatorische Planungssicherheit, auch wenn gewisse Unsicherheiten fortbestehen." Die drohenden schärferen Kapitalanforderungen hatten bei der UBS-Aktie zuletzt Bremsspuren hinterlassen. Während die europäischen Bankaktien <.SX7P> in den vergangenen zwölf Monaten durchschnittlich um 40 Prozent zugelegt hatten, traten die Anteile der UBS auf der Stelle.

(Bericht von Oliver Hirt, Paul Arnold und Ariane Lüthi. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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