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02.10.2024 /17:11:01
FOKUS 1-Ausreichend Stimmen für EU-Strafzölle auf E-Autos aus China

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Frankreich, Italien, Griechenland und Polen für E-Auto-Zölle



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Habeck: EU sollte offen für politische Lösung sein



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Autobauer fordern Bundesregierung auf, gegen Abgaben zu stimmen





(Neu: Details, BMW, VW, Källenius, Scholz)
Berlin/Brüssel, 02. Okt (Reuters) -

Trotz Kritik von Autoherstellern und Zurückhaltung Deutschlands ist der Weg für Strafzölle auf Elektroautos aus China vermutlich frei. Die EU-Kommission hat Insidern zufolge ausreichend Befürworter unter den EU-Staaten für die von ihr vorgeschlagenen Zölle. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte am Mittwoch, er unterstütze die Pläne der EU-Kommission bei Elektroautos. Europa müsse seine Industrie gegen Konkurrenz aus dem Ausland schützen. Wie Reuters von Insidern erfuhr, wollen auch Italien, Polen und Griechenland für die zusätzlichen Abgaben von bis zu 35,3 Prozent stimmen - damit gilt es als gesichert, dass sie ab Ende Oktober in Kraft treten.

Deutschlands Finanzminister Christian Lindner forderte
zugleich die Bundesregierung auf, am Freitag gegen die Abgaben
zu stimmen. Ein Handelskrieg mit China schade mehr als er der
europäischen Autobranche nutze, sagte er bei einer Veranstaltung
des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen
(BGA) in Berlin. Allerdings kann auch ein Nein aus Berlin die
Zölle nicht verhindern: Nach EU-Regeln wäre dafür eine
qualifizierte Mehrheit von mindestens 15 Mitgliedsländern und
mindestens 65 Prozent der Bevölkerung nötig. Dieses Quorum
dürfte aber nicht mehr zu erreichen sein, weil Frankreich,
Italien, Griechenland und Polen schon auf 39 Prozent der
Bevölkerung kommen.
 
AUTOBAUER GEGEN ZÖLLE
 
Auch die Autohersteller aus Deutschland lehnen die Zölle
ab. "Die vorgesehenen Zölle sind ein falscher Ansatz, sie
verbessern nicht die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen
Automobilindustrie", erklärte ein
Volkswagen <VOWG_p.DE>-Sprecher. BMW <BMWG.DE> verwies darauf,
dass der wirtschaftliche Erfolg und der Wohlstand in Deutschland
maßgeblich von offenen Märkten und freiem Handel abhängen.
"Zusätzliche Zölle bewirken aber genau das Gegenteil: Sie
schaden global agierenden Unternehmen hierzulande und können
einen Handelskonflikt heraufbeschwören, der am Ende nur
Verlierer kennt." Mercedes <MBGn.DE>-Chef Ola Källenius sprach
sich ebenfalls gegen die Abgaben aus. China habe kein Interesse
an einem eskalierenden Handelskonflikt mit Europa.
 
Bundeskanzler Olaf Scholz fordert zugleich Verhandlungen
mit der chinesischen Regierung. "Natürlich müssen wir unsere
Wirtschaft vor unfairen Handelspraktiken schützen. Wir müssen
auf einem Level-Playing-Field bestehen", sagte Scholz. Auch
langanhaltende Dispute etwa mit China dürften aber nicht dazu
führen, dass man sich selbst schädige. "Deswegen müssen die
Verhandlungen mit China in Bezug auf Elektrofahrzeuge
weitergehen." Zugleich forderte der Kanzler, dass die EU
"endlich dort anpackt, wo chinesische Billigimporte unserer
Wirtschaft tatsächlich schaden, beispielsweise beim Stahl".
China solle zudem in der Welthandelsorganisation WTO auf die
Sonderbehandlung verzichten, die es durch die Einstufung als
Entwicklungsland immer noch in Anspruch nehme.
Sollten die EU-Staaten den Weg für die Zölle frei
machen, müssen ab Ende Oktober voraussichtlich für fünf Jahre
zusätzliche Abgaben von 7,8 Prozent bis 35,3 Prozent für
Elektroauto-Einfuhren aus China bezahlt werden. Betroffen davon
sind auch die deutschen Autobauer, die Fahrzeuge wie den
elektrischen Mini von BMW oder das Volkswagen-Modell Cupra
Tavascan aus der Volksrepublik importieren. Die EU-Kommission
hat zugleich deutlich gemacht, dass sie weiterhin mit der
chinesischen Regierung über eine politische Lösung verhandeln
will. Insidern zufolge könnte es dabei um Mindestpreise für
Importfahrzeuge oder Investitionen in der EU gehen.
 
Die EU-Kommission begründet die Zölle damit, dass
Elektroautobauer in China von Subventionen profitierten und
deswegen ihre Fahrzeuge günstiger herstellen könnten als
Autobauer in der Europäischen Union. Damit drohen den heimischen
Herstellern Schäden.

(Bericht von Andreas Rinke, Philip Blenkinsup, Leigh Thomas, Lefteris Papadimos, Giuseppe Fonte, Tassilo Hummel, Victoria Waldersee und Christina Amann; redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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