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03.07.2024 /15:59:36
FOKUS 1-Viele EU-Staaten noch unentschlossen bei Sonderzöllen auf E-Autos aus China

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Mehrheit in EU noch unentschieden

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Deutschland gegen die Sonderzölle, Frankreich dafür

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Habeck: Haben noch einige Monate für Verhandlungen

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VDA: EU-Kommission wird Gegenteil ihrer Ziele erreichen
 
(neu: Habeck, weitere Details und Hintergrund)
Brüssel/Berlin, 03. Jul (Reuters) - Zahlreiche
EU-Staaten sind noch unentschlossen, ob sie die von der
Europäischen Kommission angekündigten Sonderzölle auf
chinesische Elektroautos unterstützen sollen. Das geht aus
Anfragen der Nachrichtenagentur Reuters bei den 27
EU-Mitgliedern hervor. Demnach wägt die Mehrheit der Staaten
noch die Vor- und Nachteile eines eskalierenden Handelsstreits
mit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ab. Zu dieser
Gruppe gehören Regierungsangaben zufolge unter anderem
Griechenland, die Tschechische Republik, Irland und Polen. In
Belgien gibt es derzeit eine Übergangsregierung, in den
Niederlanden ist die neue Regierung erst diese Woche zustande
gekommen.

Wegen der Sonderzölle hat die Regierung in Peking mit umfangreichen Gegenmaßnahmen gedroht. Regierungskreisen zufolge ist Deutschland gegen die EU-Pläne. Deutsche Autobauer haben im vergangenen Jahr ein Drittel ihrer Umsätze in der Volksrepublik gemacht. Frankreich gehört dagegen zu den Unterstützern, auch Italien und Spanien sind dafür. Die drei Schwergewichte repräsentieren allein 40 Prozent der EU-Bevölkerung.

In den nächsten Wochen sollen die EU-Mitglieder eine erste Empfehlung aussprechen - ein wichtiger Trend für die Kommission. Die vorläufigen Sonderzölle sollen am Donnerstag bestätigt werden. Die Brüsseler Behörde wirft China unfaire Wettbewerbspraktiken vor. Eine Abhängigkeit von China wie in der Solarindustrie soll bei E-Autos verhindert werden. Die Regierung in Peking könnte im Gegenzug aber höhere Zölle auf Cognac, Schweinefleisch und Luxusautos erheben.

HABECK HOFFT AUF LÖSUNG AM VERHANDLUNGSTISCH
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der gerade zu
einem Besuch in China war, sagte in Berlin, weder Deutschland
noch China hätten ein Interesse an steigenden Zöllen. "Wenn man
die jeweilige Sichtweise der anderen Seite ernst nimmt, dann
gibt es einen guten Korridor einer Lösungsmöglichkeit." Die
neuen EU-Zölle würden zwar auf dem Papier ab Donnerstag gelten,
würden aber erst ab November wirklich fällig. "Und diese Zeit,
meine ich, muss genutzt werden, dass eine politische Lösung,
eine Verhandlungslösung erreicht wird."
 
Die EU-Kommission hat vor allem chinesische
E-Auto-Hersteller wie BYD, Geely <0175.HK> und
SAIC im Visier. Für BYD soll ein zusätzlicher
Importzoll von 17,4 Prozent gelten, für Geely von 20 Prozent und
für den Volkswagen <VOWG_p.DE>-Partner SAIC von 38,1 Prozent.
Analysten rechnen mit milliardenschweren neuen Kosten für die
Unternehmen. Dies könnte ihre Expansion in Europa bremsen.
Mit den Maßnahmen wird die EU-Kommission nach Ansicht
der deutschen Autoindustrie aber das Gegenteil dessen erreichen,
was sie beabsichtigt. "Die Anti-Subventionszölle würden
Elektrofahrzeuge auf dem europäischen Markt verteuern oder dafür
sorgen, dass sie gar nicht erst auf den Markt kommen", warnte
der Verband der Automobilindustrie (VDA) in einem
Positionspapier.

Nach einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts ist nur ein Drittel der 162 befragten deutschen Volkswirte gegen Ausgleichszölle. Die Hälfte der Professorinnen und Professoren hält den EU-Vorschlag für passend. Fast drei von vier Ökonomen sehen das Risiko, dass China die wirtschaftliche Abhängigkeit Deutschlands von dem Land ausnutzen wird, um außenpolitische Ziele durchzusetzen. Für ein De-Risking - also die Suche nach alternativen Märkten, aber keine Entkoppelung von China - sprachen sich 69 Prozent der Befragten aus.

(Bericht von Philip Blenkinsop, Nick Carey, Ilona Wissenbach, Alexander Ratz und Christian Krämer Redigiert von Scot W. Stevenson Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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