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16.01.2025 /11:16:35
Firmengründer vor Bundestagswahl skeptisch - "Startups müssen Chefsache werden"

Berlin, 16. Jan (Reuters) - Besonders erfolgreiche Unternehmensgründer blicken einer Umfrage zufolge skeptisch auf den Wirtschaftsstandort Deutschland. Nur 29 Prozent erwarten, dass der Standort für Technologiefirmen in den nächsten zwölf Monaten attraktiver werden wird, wie der Digitalverband Bitkom am Donnerstag in Berlin mitteilte. 71 Prozent rechnen nicht damit. In Deutschland gibt es aktuell 27 sogenannte Unicorns - nicht-börsennotierte Neugründungen, die von Investoren mit mindestens einer Milliarde Euro bewertet werden. Bitkom hat 17 Gründer befragt, die noch aktiv im Management engagiert sind. Knapp die Hälfte der Befragten gab an, sie würden wieder in Deutschland ein Unternehmen gründen. 24 Prozent würden sich für die USA entscheiden, jeweils zwölf Prozent für ein anderes EU-Land beziehungsweise anderswo in der Welt loslegen.

Die nächste Bundesregierung muss laut Startupverband schnell eine neue Strategie für die Branche vorlegen, mit klaren und überprüfbaren Zielen. "Insgesamt haben wir hohe Erwartungen an die nächste Bundesregierung. Startups müssen zur Chefsache werden", sagte Verbandschefin Verena Pausder zu Journalisten in Berlin. Neugründungen und damit Innovationen seien ein wichtiger Hebel, um aus der wirtschaftlichen Stagnation herauszukommen.

Die mittlerweile zerbrochene Ampel-Koalition hat unter anderem die Einwanderung von Fachkräften erleichtert, die Möglichkeit von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen als auch den Ausstieg aus Startups über die Börse verbessert. 2024 stieg die Zahl der Firmengründungen um elf Prozent, das Volumen der Startup-Finanzierung um 17 Prozent.

BRANCHE WILL VERSICHERUNGSGELDER ANZAPFEN

Pausder zufolge gibt es trotzdem viel zu tun. So müsse mehr privates Geld - etwa gebündelt von Versicherern oder Pensionskassen - in Wagniskapitalfonds fließen. "Versicherer investieren 300 Milliarden Euro pro Jahr - fast nichts davon fließt in Innovationen", merkte Pausder an. Die sogenannte WIN-Initiative habe immerhin einen Anfang gemacht. Vertreter von Banken, Versicherungen, Vermögensverwaltern, Börsen, Wirtschaftsverbänden und der Bundesregierung hatten sich im September verständigt, dass zur stärkeren Förderung junger Unternehmen die Finanzbranche bis 2030 rund zwölf Milliarden Euro investieren soll. Startups finanzieren sich in der Regel nicht über Banken, sondern Investoren, weil sie oft noch Verluste schreiben und erst Strukturen aufbauen müssen.

Auch der staatliche Zukunftsfonds müsse ausgebaut werden und eine Perspektive für die Zeit nach 2030 setzen, ergänzte Pausder. Firmengründungen aus dem Umfeld von Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollten vereinfacht werden. Es müsse mit dem Abbau von Bürokratie möglich werden, Firmen an einem Tag zu gründen. Zur Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland sollten mehr ausländische Abschlüsse anerkannt und Visaprozesse vollständig digitalisiert werden. Die Digitalisierung müsse zudem über eine zentrale Koordinierungsstelle im Kanzleramt oder ein eigenes Ministerium forciert werden, mit umfangreichen Kompetenzen und einem eigenen Budget. Eine Empfehlung für eine bestimmte Partei sprach der Startupverband nicht aus.



(Bericht von Christian Krämer, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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