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17.09.2024 /10:42:55
FOKUS 1-Ökonomen - Intel-Geld für investitionsfreundliche Steuerreform nutzen

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Schularick: Steuergutschriften sind eine Möglichkeit

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ZEW-Experte: Steuerzahler können jetzt nur dankbar sein

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"Begeisterung für Subvention von Chipfabriken war uferlos"
 
(neu: mit IfW-Präsident)
Berlin, 17. Sep (Reuters)- Angesichts der Verzögerung
des geplanten Baus der Intel-Chipfabrik in Magdeburg fordern
Ökonomen die Umwidmung der Subventionsmilliarden für eine
Steuerreform. "Makroökonomisch wäre es in der jetzigen Lage
richtig, die Mittel für zusätzliche Investitionen oder
Investitionsanreize, etwa über Steuergutschriften, zu
verwenden", sagte der Präsident des Kieler Instituts für
Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick, am Dienstag der
Nachrichtenagentur Reuters.
Ähnlich äußerte sich derFinanzexperte des Zentrums für
Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Friedrich Heinemann. Dem
Industriestandort sei viel mehr gedient, wenn sich die
Standortfaktoren für alle Unternehmen inklusive kleiner und
mittelständischer verbessere. "Daher sollten die eingesparten
Intel-Milliarden nicht für neue industriepolitische Fantasien
ausgegeben werden", sagte Heinemann. "Viel besser angelegt wäre
das Geld als Grundstock für eine investitionsfreundliche
Steuerreform, von der alle Unternehmen profitieren, auch die
soliden, die nicht im kurzatmigen Licht der politischen
Aufmerksamkeit stehen." Das spreche dafür, das Geld in den
allgemeinen Haushalt zu geben -aber nicht um Löcher zu
stopfen, sondern um dort eine echte Wachstumspolitik zu
finanzieren.
 
"KURZATMIG AUF TREND GESPRUNGEN"
 
Intel <INTC.O> verschiebtaufgrund seines Sparprogramms
den geplanten Bau der Chipfabrik in Magdeburg, die der Bund mit
zehn Milliarden Euro fördern wollte. Das Projekt werde sich
voraussichtlich um etwa zwei Jahre verzögern, hatte der
kriselnde US-Konzern am Montagabend mitgeteilt. Nun streitet die
Ampel-Regierung über die Verwendung frei werdender Gelder.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will die zunächst
nicht benötigten Subventionen nutzen, um die Löcher im Haushalt
zu stopfen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will genau
dies verhindern und die Mittel im Klimafonds KTF halten.

Derweil wird Kritik an der Subventionspolitik laut. "Intels Teilrückzug zeigt, wie problematisch eine Industriepolitik ist, die kurzatmig auf bestimmte Trends springt", sagte ZEW-Experte Heinemann. "Die Begeisterung für die Subvention von Chipfabriken war in der Zeit des akuten Chipmangels unmittelbar nach der Pandemie uferlos." Schon zwei Jahre später sei dieser Trend Geschichte. Selbst historisch hohe Subventionsangebote fänden keine Abnehmer mehr. "Die Steuerzahler können jetzt nur dankbar sein, dass es noch keinen Spatenstich für eine Investitionsruine gegeben hat", sagte Heinemann. Wieder einmal zeige sich, dass die Politik oft daneben liege, wenn sie meine, die Gewinner von morgen gefunden zu haben.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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