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Israels Angriff auf Iran ist Rückschlag für US-Präsident
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Trump konnte Anspruch weder in Nahost noch in Ukraine erfüllen
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Kritik an Trumps diplomatisch unerfahrenen Vertrauten |
- von Gram Slattery und Matt Spetalnick |
Washington, 13. Jun (Reuters) - Im Wahlkampf um die |
US-Präsidentschaft hatte Donald Trump noch mit dem Versprechen |
gepunktet, einige der weltweit schwersten Konflikte im |
Handumdrehen zu beenden. Besondere Aufmerksamkeit richtete der |
Republikaner auf den Ukraine-Krieg in Europa und die Gewalt im |
Nahen Osten unter Beteiligung des US-Verbündeten Israel. Doch |
fünf Monate nach seinem Amtsantritt steht der selbst ernannte |
Friedensstifter vor einem Scherbenhaufen: Weder in der Ukraine |
noch im Gazastreifen ist ein Ende des Blutvergießens abzusehen. |
Und nun droht mit Israels Angriffen auf den Iran Experten |
zufolge sogar eine nicht dagewesene Eskalation. |
"Die Trump'sche Diplomatie ist eines der ersten Opfer dieser Angriffe", sagt Brett Bruen, ein ehemaliger außenpolitischer Berater des demokratischen Präsidenten Barack Obama. Im Nahen Osten habe Trump bereits Mühe gehabt, auf einen Waffenstillstand zwischen Israel unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen überhaupt nur hinzuwirken. "Der Iran sah am vielversprechendsten aus - und Netanjahu hat das einfach verdorben."
In Trumps Regierungsapparat, in dem viele diplomatisch unerfahrene Vertraute des Republikaners das Sagen haben, zeigen sich bereits Auflösungserscheinungen. In den vergangenen Monaten verließen Dutzende Akteure den Nationalen Sicherheitsrat, das Verteidigungsministerium und das Außenministerium im Streit. Im Regierungslager gerät hinter vorgehaltener Hand nun zunehmend Trumps Berater und Nahost-Gesandter Steve Witkoff in die Kritik. Der Jurist und Immobilienunternehmer hatte in den Verhandlungen zur Eindämmung des iranischen Atomprogramms eine führende Rolle.
Die oppositionellen Demokraten prangern erneut an, dass es Trump selbst war, der in seiner ersten Amtszeit das Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt hatte. Das Abkommen hatte vorgesehen, dass der Iran Beschränkungen hinnimmt, die einen Bau von Atomwaffen verhindern sollten, und im Gegenzug internationale Sanktionen aufgehoben werden. Doch 2018 verhängten die USA unter Trump erneut Sanktionen gegen die Islamische Republik, die daraufhin ihr Urananreicherungsprogramm ausweitete.
Trump hatte zur Begründung erklärt, das Abkommen hindere den Iran ohnehin nicht an einem Bau von Atomwaffen. Die Demokraten werfen Trump vor, keine glaubwürdige Alternative zu bieten. "Das ist ein Desaster, das Trump und Netanjahu selbst verursacht haben, und nun droht sich die Region in einen neuen, tödlichen Konflikt hineinzusteigern", erklärte der demokratische Senator Chris Murphy auf X.
Zunächst bleiben jedoch einige Fragen offen. Experten haben Zweifel, ob Israel in der Lage ist, das iranische Atomprogramm dauerhaft zu unterbinden. Es wird vermuttet, dass die unterirdische Anlage Fordow so gut vor Bombardierungen geschützt ist, dass eine nachhaltige Beschädigung wohl nur mit militärischer Hilfe der USA möglich sein dürfte.
Unklar ist auch, in welchem Umfang der Iran zu militärischen Reaktionen bereit und überhaupt in der Lage ist. Politikwissenschaftlern zufolge könnte der Iran mit den USA in Verbindung stehende oder in Verbindung gebrachte Ziele in der Region ins Visier nehmen. So könnte die mit dem Iran verbündete Huthi-Miliz im Jemen erneut Schiffe im Roten Meer angreifen.
"Wenn man Israel beim Wort nimmt, dass die heutigen Angriffe die erste Runde eines umfassenden israelischen Vorgehens gegen das iranische Nuklear- und Raketenprogramm waren, dann steht das iranische Regime mitten in einer potenziell existenziellen Situation, in der es um Leben und Tod geht", sagt Charles Lister vom Middle East Institute. "Das lässt die heutigen Angriffe in einem ganz neuen, noch nie dagewesenen Licht erscheinen. Das macht das Risiko einer Eskalationsspirale weitaus realer als das, was wir bisher erlebt haben."
(Bericht von Gram Slattery und Matt Spetalnick; Mitarbeit von Humeyra Pamuk, Michelle Nichols und Jonathan Landay; geschrieben von Jörn Poltz, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)