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08.10.2024 /01:06:51
Haiti: Machtwechsel im Übergangsrat sorgt für neue Spannungen

Port-au-Prince, 08. Okt (Reuters) - Die politische Krise in Haiti spitzt sich nach der Blockade der Machtübergabe durch den scheidenden Präsidenten des Übergangsrates weiter zu. Trotz heftiger Widerstände übertrug der haitianische Übergangsrat am Montag die rotierende Regierungsführung an den Architekten Leslie Voltaire. "Unter meiner Präsidentschaft wird der Übergangsrat seine Errungenschaften konsolidieren und Strukturen schaffen, um effizienter und transparenter zu arbeiten", sagte Voltaire. "Das haitianische Volk hat genug von Gewalt, Lügen und Korruption. Wir müssen unsere persönlichen Interessen vergessen und die Interessen der Nation in den Vordergrund stellen." Der scheidende Präsident Edgard Leblanc Fils hatte sich zuvor geweigert, ein Dekret zur Ratifizierung dieses Schrittes zu unterzeichnen und dies mit ungeklärten Korruptionsvorwürfen gegen drei Mitglieder des Rates begründet. Haiti ernannte den Übergangsrat im April nach mühsamen Verhandlungen zwischen verschiedenen politischen und zivilgesellschaftlichen Gruppen des karibischen Landes, bis die Bedingungen für Neuwahlen als sicher genug angesehen wurden.

Die Spaltung des Übergangsrates schafft neue Unsicherheit in einem Land, das nach wie vor mit wachsender Bandenkriminalität und einer sich verschärfenden Hungerkrise zu kämpfen hat. Bewaffnete Gruppen kontrollieren inzwischen rund 80 Prozent der Hauptstadt Port-au-Prince und weite Teile des Landes. Die letzten allgemeinen Wahlen in Haiti fanden 2016 statt, obwohl sie eigentlich alle fünf Jahre stattfinden sollten.

Angesichts der eskalierenden Bandenkriminalität kritisierte die haitianische Außenministerin Dominique Dupuy die jüngst angekündigte Abschiebepolitik der Dominikanischen Republik scharf. "Die brutalen Szenen von Razzien und Abschiebungen, die wir erleben, sind eine Beleidigung der Menschenwürde", sagte Dupuy auf der Plattform X. "Wir verurteilen diese entmenschlichenden Handlungen aufs Schärfste und fordern Respekt und Gerechtigkeit." Die Dominikanische Republik hatte vergangene Woche angekündigt, bis zu 10.000 illegale Migranten pro Woche abzuschieben. Obwohl keine bestimmten Nationalitäten genannt wurden, machen Haitianer den Großteil der Betroffenen aus. Die Vereinten Nationen (UN) haben die Länder der Region aufgefordert, Abschiebungen nach Haiti aufgrund der dort herrschenden Gefahrenlage zu stoppen. Die Maßnahme verschärft die ohnehin prekäre humanitäre Lage in Haiti.

(Bericht von Harold Isaac und Sarah Morland, geschrieben von Katharina Loesche. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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