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Polizei: 62 Festnahmen
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Ausschreitungen bei pro-palästinensischen Protesten
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Soll auch provokante Rufe von israelischen Fans gegeben haben
- von Enas Alashray und Bart H. Meijer |
Amsterdam, 08. Nov (Reuters) - Nach gewaltsamen |
Ausschreitungen bei pro-palästinensische Protesten beim |
Europa-League-Spiel zwischen Ajax Amsterdam und Maccabi Tel Aviv |
lässt der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu |
Hunderte israelische Fußballfans ausfliegen. Er habe dazu die |
Entsendung zweier Flugzeuge nach Amsterdam angeordnet, teilte |
Netanjahu am Freitag mit. Bürgermeisterin Femke Halsema sagte, |
Anhänger von Maccabi Tel Aviv seien "angegriffen, beleidigt und |
mit Feuerwerkskörpern beworfen worden". Die Polizei habe |
mehrfach eingreifen müssen, um sie zu schützen und zu ihren |
Hotels zu eskortieren. Mindestens fünf Menschen hätten kurzeitig |
im Krankenhaus behandelt werden müssen. Der niederländische |
Ministerpräsident Dick Schoof erklärte, er sei "entsetzt über |
die antisemitischen Angriffe auf israelische Bürger" und |
verurteilte sie als "vollkommen inakzeptabel". Die Täter würden |
zur Rechenschaft gezogen. Der Polizei zufolge wurden 62 Menschen |
festgenommen. |
Netanjahu sprach von einem "sehr gewalttätigen Vorfall", der gegen israelische Bürger gerichtet gewesen sei. Der israelische Außenminister Gideon Saar bat die niederländische Regierung in einem Telefonat mit seinem Amtskollegen Caspar Veldkamp um Hilfe, damit die israelischen Bürger sicher zum Flughafen gelangen könnten. Das israelische Ministerium für nationale Sicherheit riet seinen Landsleuten in Amsterdam, solange in ihren Hotelzimmern zu bleiben.
Die niederländischen Polizei teilte mit, dass es bereits vor dem Spiel, zu dem etwa 3000 Maccabi-Anhänger nach Amsterdam gereist waren, zu Vorfällen gekommen sei. Pro-palästinensische Demonstranten hätten versucht, das Johan-Cruyff-Stadion zu erreichen, obwohl ihnen die Behörden die Proteste dort untersagt hätten. Die Fans hätten das Stadion ohne Zwischenfälle verlassen, doch in der Nacht seien mehrere Zusammenstöße im Stadtzentrum gemeldet worden. Dabei soll es aber auch zu provokanten anti-arabischen Rufen von Maccabi-Fans gekommen sein, wie aus einem Video der Vorfälle hervogeht. Ajax wird traditionell als jüdischer Verein angesehen.
Die Sicherheitsvorkehrungen in Amsterdam waren bereits erhöht. Denn am Donnerstag hatten sich in der Stadt auch Hunderte Menschen zum Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht gegen Juden im nationalsozialistischen Deutschland am 9. und 10. November 1938 versammelt.
Bundeskanzler Olaf Scholz verurteilte die Vorfälle scharf. "Die Meldungen über Gewalt gegen israelische Fans in Amsterdam sind unerträglich. Das dürfen wir nicht hinnehmen, schrieb er auf X. "Wer Jüdinnen und Juden angreift, greift uns alle an. Jüdinnen und Juden müssen sich in Europa sicher fühlen können." Ähnlich äußerte sich Außenministerin Annalena Baerbock: "Die Bilder aus Amsterdam sind furchtbar und für uns in Europa zutiefst beschämend". Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen äußerte sich empört. "Antisemitismus hat in Europa absolut keinen Platz", erklärte sie. Im Zuge des Gaza-Kriegs zwischen Israel und der der radikal-islamischen Hamas ist auch in den Niederlanden die Zahl antisemitischer Vorfälle gestiegen.
Israelische Politiker fühlten sich nach eigenen Angaben an den Überfall der Hamas im vergangenen Jahres sowie an Angriffe auf Juden in den Pogromen vergangener Jahrhunderte erinnert. "Wir sehen mit Entsetzen die schockierenden Bilder und Videos, die wir seit dem 7. Oktober nicht mehr zu sehen gehofft hatten: ein antisemitischer Pogrom gegen Fans von Maccabi Tel Aviv und israelische Bürger im Herzen von Amsterdam", schrieb Präsident Jitzchak Herzog. Die israelischen Fluggesellschaften El Al und Arkia teilten mit, dass zwei Evakuierungsmaschinen auf dem Weg nach Amsterdam seien.
Die israelische Botschaft in Den Haag sprach von Menschenmengen, die anti-israelische Slogans skandiert und Videos ihrer Gewalttaten im Internet geteilt hätten. Darauf sei zu sehen, wie sie israelische Bürger getreten, geschlagen und überrannt hätten. "Am Vorabend der Kristallnacht ? als Juden im nationalsozialistischen Deutschland brutalen Angriffen ausgesetzt waren ? ist es erschreckend, antisemitische Gewalt erneut auf den Straßen Europas zu erleben", erklärte die Botschaft.
Frankreich hält trotz der gewaltsamen Angriffe am Nations-League-Spiel gegen Israel am nächsten Donnerstag in Paris fest. "Frankreich wird nicht nachgeben, denn das hieße, angesichts von Gewaltandrohungen und Antisemitismus aufzugeben", erklärte Innenminister Bruno Retailleau auf X. Die Polizei plant laut dem TV-Sender BFM verschärfte Sicherheitsvorkehrungen und will mehr als 2000 Beamte rund um das Stade de France einsetzen.
(Bericht von Charlotte Van Campenhout, Enas Alashray, Ahmed Elimam, Emily Rose und Bart Meijer, geschrieben von Christian Götz, redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)