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28.10.2024 /15:01:47
TOP-THEMA-Streit um Sparkurs bei VW - Betriebsrat droht mit Gesprächsabbruch

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Betriebsrat: Vorstand will mindestens drei Werke schließen

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Betriebsrat: Lohnkürzungen und Nullrunden

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VW will Details am Mittwoch nennen

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Kanzler dringt auf Jobsicherung
 
(Neu: Details, Analyst)
Wolfsburg, 28. Okt (Reuters) -

Der Streit um milliardenschwere Einsparungen bei Volkswagen <VOWG_p.DE> eskaliert. VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo drohte am Montag bei einer Informationsveranstaltung in Wolfsburg mit dem Abbruch der Gespräche und warf dem VW-Management vor, die Standorte in Deutschland auszuhungern. "Der Vorstand steht gegen uns", sagte sie. Er habe nicht nur Verträge aufgekündigt, sondern alles, wofür die Kultur bei Volkswagen stehe. "Und er spielt somit massiv mit dem Risiko, dass hier bald alles eskaliert. Und damit meine ich, dass wir die Gespräche abbrechen und machen, was eine Belegschaft machen muss, wenn sie um ihre Existenz fürchtet."

IG Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger sagte, die
"Rabiatpläne" des Vorstandes seien nicht hinnehmbar. "Sollte VW
am Mittwoch seinen dystopischen Weg bestätigen, muss der
Vorstand mit den entsprechenden Konsequenzen unsererseits
rechnen." Beide Seiten kommen am Mittwoch zur zweiten Runde der
laufenden Tarifverhandlungen zusammen. Das Unternehmen erklärte
dazu, angesichts des geschrumpften Marktes habe man ankündigen
müssen, Werksschließungen ohne aktives Gegensteuern nicht mehr
ausschließen zu können. Markenvorstand Thomas Schäfer sagte, die
Kosten an den deutschen Werken seien um ein Viertel bis die
Hälfte höher als das, was sich der Konzern vorgenommen habe. "So
wie bisher können wir nicht weitermachen. Wir müssen zügig eine
gemeinsame und tragfähige Lösung für die Zukunft unseres
Unternehmens finden."
 
CAVALLO: PROBLEME SIND THEMA FÜR DIE POLITIK
 
Einig sind sich die Beteiligten darin, dass Volkswagen
derzeit in Schwierigkeiten steckt. Das Unternehmen verweist auf
den geschrumpften europäischen Markt, auf dem derzeit zwei
Millionen Autos jährlich fehlten - davon entfielen auf VW
ungefähr 500.000 Fahrzeuge. Die Rendite liegt weit unter der
Zielmarke von 6,5 Prozent. "Wir haben heftige Probleme. Dem
müssen wir bei Volkswagen begegnen", sagte auch Cavallo.
Management und Arbeitnehmer lägen nicht bei der Analyse der
Probleme auseinander, aber meilenweit bei der Antwort. "Und
diese Probleme sind auch ein Thema für die Politik", sagte sie.
"Auch die muss mal endlich aufwachen." Es reiche nicht nur, zu
sagen, man stehe auf der Seite der Belegschaft. "Wir brauchen
einen umfassenden Plan aus der Politik, wie die Elektromobilität
endlich zum Fliegen kommt. Und ich sage: Wir brauchen darüber
hinaus auch einen Masterplan für den Industriestandort
Deutschland."
 
Ein Regierungssprecher sagte, es sei bekannt, dass das
Unternehmen in einer schwierigen Lage sei. Bundeskanzler Olaf
Scholz dringe darauf, dass die Fehler der Vergangenheit nicht
zulasten der Beschäftigten gehen dürften. Jetzt müsse es darum
gehen, Arbeitsplätze zu erhalten und zu sichern. Die
Bundesregierung sei in engem Kontakt mit dem Unternehmen.
 
Auch Analysten verweisen auf die gesunkene Auslastung.
Die Daten aus der Industrie legten keinen Aufschwung der Branche
nahe, eher das Gegenteil. Entsprechend müssten zeitnah die
Kosten erheblich gesenkt werden, bevor durch die fortschreitende
Unterauslastung der Werke Geld abfließe, sagte Moritz
Kronenberger, Portfoliomanager bei Union Investment. Die nun
vorgestellten Pläne gingen über das hinaus, was der Markt
erwartet habe, sagte Analyst Daniel Schwarz von der
Investmentbank Stifel. "Es wird wahrscheinlich zu Streiks
kommen." An der Börse gaben die VW-Aktien nach der Rede Cavallos
nach.
 
INFOVERANSTALTUNGEN AN ALLEN DEUTSCHEN WERKEN
 
Der Betriebsrat hatte zeitgleich die Mitarbeiter in den
deutschen VW-Werken über die Pläne des Unternehmens informiert.
Allein in Wolfsburg kamen nach Betriebsratsangaben rund 25.000
Beschäftigte zu den Veranstaltungen. Demnach wolle Volkswagen
mindestens drei Werke in der Bundesrepublik schließen,
Zehntausende Arbeitsplätze seien in Gefahr. Die verbliebenen
Standorte sollten geschrumpft werden, indem Produkte,
Stückzahlen, Schichten und ganze Montagelinien herausgenommen
würden. Cavallo sprach von einem Aushungern. "Niemand von uns
hier kann sich noch sicher fühlen." Der Vorstand meine seine
Pläne ernst. "Das ist der Plan des größten deutschen
Industriekonzerns, in seiner Heimat Deutschland den Ausverkauf
zu starten. Es ist das feste Vorhaben, die Standortregionen
ausbluten zu lassen. Und es ist die klare Absicht, Zehntausende
Volkswagen-Beschäftigte in die Massenarbeitslosigkeit zu
schicken."
 
Die Betriebsratschefin verwies insbesondere auf das Werk
in Osnabrück, aus dem Porsche <P911_p.DE> zuletzt den Auftrag für
den elektrischen 718er abgezogen hatte. "Der Vorstand hält sich
nicht an Absprachen, selbst an die aus der Planungsrunde nicht,
deren Wert hier im Konzern nicht höher hängen kann", kritisierte
sie. In Osnabrück werden derzeit Aufträge für die
Sportwagenmodelle 718 Cayman und Boxster abgearbeitet, die über
die Produktionskapazitäten im Porsche-Hauptwerk Stuttgart
Zuffenhausen hinausgehen. Diese Modelle sowie das VW-Fahrzeug
T-Roc Cabrio laufen bis Frühjahr 2026 aus - ab dann hat das Werk
in Osnabrück keine Aufträge mehr.
 
Die verbleibenden Mitarbeiter müssten sich überdies auf
deutliche Gehaltseinbußen einstellen. So fordere das Management
dauerhaft zehn Prozent weniger Monatsentgelt, zwei Nullrunden in
den Jahren 2025 und 2026 sowie das Aus von Zulagen und Boni,
sagte Cavallo. Die IG Metall fordert in der laufenden Tarifrunde
für die VW-Beschäftigten unter anderem sieben Prozent mehr Lohn.

(Bericht von Axel Schmidt und Christina Amann, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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