*
Ostermann: Letzte Chance für Ampel-Koalition |
*
Saarlands Regierungschefin: Regierung muss halten |
*
Merz: Regierung erreicht nichts mehr |
*
SPD-Chefin: Können uns nicht aus Krise heraussparen |
(Durchgehend neu) |
Berlin, 27. Okt (Reuters) - Vor dem Doppeltreffen der |
Ampel-Spitzen mit Wirtschaftsverbänden fordern die |
Familienunternehmer und Saarlands Ministerpräsidentin Anke |
Rehlinger klare Entscheidungen. Bei beiden Gipfeln gehe es |
darum, die "katastrophale Lähmung bei den |
Erweiterungsinvestitionen" an den heimischen Standorten zu |
kurieren, sagte Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des |
Verbands der Familienunternehmer, der Nachrichtenagentur Reuters |
am Sonntag. "Die beiden Gipfel sind die letzte Chance für die |
Ampel-Koalition." Rehlinger zeigte sich in der ARD verärgert, |
dass die Ampel erneut streite, statt Entscheidungen zu treffen. |
Die Energiepreise seien nicht wettbewerbsfähig, bei den |
Netzentgelten bräuchten die Unternehmen Entlastung. |
Angesichts der stagnierenden Wirtschaft und des Abbaus von Industriearbeitsplätzen hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) Industrievertreter und Gewerkschaften am Dienstag zu einem vertraulichen Treffen ins Kanzleramt geladen. Mit dabei sind etwa Vertreter der Auto-, Metall-, Chemie- und Pharmabranche. Ergebnisse über nötige Reformen zum Erhalt von Industriearbeitsplätzen sollen nach einer Serie von Gesprächen Mitte Dezember vorliegen. Weil die Koalitionspartner nicht eingebunden waren, hat die FDP-Fraktion mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) am selben Tag zu einem Mittelstandstreffen eingeladen.
Sowohl SPD-Chefin Saskia Esken als auch Ostermann verteidigten den Doppel-Gipfel. "Ich finde es einen vollkommen normalen Vorgang, dass ein Regierungschef in so einer krisenhaften Situation das Ruder in die Hand nimmt", sagte Esken am Sonntagabend im ZDF. "Dass es zwei wichtige Wirtschaftsgipfel am selben Tag gibt, macht mehrere Dinge deutlich: Es sind nur noch der Kanzler und der Finanzminister, die sich um die miserable wirtschaftliche Lage kümmern", sagte Ostermann, die gleichzeitig Kritik an Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und dessen Vorschlägen für Investitionsprämien übte. Sie sprach davon, dass sich beide Gipfel ergänzen würden. Wenn die Ampel aber nicht liefere, werde ihr "ohne Wirtschaftsaufschwung so oder so das gesamte Land um die Ohren fliegen", warnte Ostermann.
CDU-Chef Friedrich Merz sprach in der ARD davon, dass die Ampel ohnehin am Ende und nicht mehr handlungsfähig sei. Die Gipfel bezeichnete er als "Kindergartenspiele".
SPD-Chefin Esken warf Finanzminister Lindner eine Blockade vor. Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und Ökonomen stimmten darin überein, dass der Staat in den kommenden Jahren mindestens 400 bis 600 Milliarden Euro zusätzlich investieren müsse und so auch den Weg für private Investitionen ebnen werde, sagte sie der Funke-Mediengruppe. "Diese Milliardeninvestitionen, die werden ja nicht nur von der SPD gefordert, die werden ja von vielen Ökonomen gefordert", betonte sie am Sonntagabend auch im ZDF. In Anspielung auf Finanzminister Lindner und dessen Position bei den Haushaltsverhandlungen fügte sie hinzu, dass man sich in der aktuellen Situation "nicht heraussparen" könne. Die Infrastruktur in Deutschland sei im schlechten Zustand.
Auf die Frage, ob die Ampel-Koalition bis zum regulären Termin der Bundestagswahl am 28. September 2025 halte, betonte die SPD-Co-Chefin: "Die Ampel ist gewählt bis im nächsten Herbst. Ich gehe davon aus, dass wir auch weiterhin eng und vor allem auch wirksam zusammenarbeiten". Es gebe noch eine Menge zu tun, fügte sie hinzu und erwähnte das verabredete Rentenpaket 2 und das Tariftreuegesetz. Die Ampel muss auch noch einen Bundeshaushalt für 2025 verabschieden. Saarlands Ministerpräsidentin Rehlinger fordert die Ampel-Parteien auf, dass die Bundesregierung nun Entscheidungen treffen muss und "weiter vernünftig bis zum Ende dieser Legislaturperiode miteinander arbeitet".
(Bericht von Andreas Rinke, redigiert von Jörn Poltz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)