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SPD, Grüne und Union streiten über Zeitpunkt Vertrauensfrage
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Frei (CDU): Kanzleramt instrumentalisiert Bundeswahlleiterin
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SPD und Grüne reagieren empört |
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Bundeswahlleiterin: Muss auf Risiken hinweisen |
(Neu: mit Grünen, Bundeswahlleiterin) |
- von Andreas Rinke |
Berlin, 09. Nov (Reuters) - Im Streit über den Termin |
der Vertrauensfrage von Kanzler Olaf Scholz (SPD) zur Einleitung |
von Neuwahlen haben die SPD und die Grünen Kritik der Union und |
der FDP an der Bundeswahlleiterin Ruth Brand scharf |
zurückgewiesen. "Nur weil der Union die Aussage der |
Bundeswahlleiterin nicht passt, darf man sie nicht so |
diskreditieren", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin |
der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, der Nachrichtenagentur |
Reuters am Samstag. "Es ist schäbig, eine Behördenleiterin dafür |
zu kritisieren, dass sie angemessene Verfahrensweisen anmahnt, |
um eine faire und ordnungsgemäße Wahl sicherzustellen, denn das |
ist schlicht ihre Aufgabe", sagte auch die Erste |
Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, zu |
Reuters. Die nicht belegbaren Behauptung einer |
Instrumentalisierung der Bundeswahlleiterin "untergräbt das |
Vertrauen in demokratische Wahlen." |
Zuvor hatte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, Scholz die Instrumentalisierung von Bundeswahlleiterin Ruth Brand vorgeworfen. Hintergrund sind deren Warnungen vor dem Risiko von Unregelmäßigkeiten im Wahlablauf bei kurzen Vorbereitungszeiten - besonders, falls diese in die Weihnachtszeit fallen. "Scholz sollte endlich damit aufhören, der Bevölkerung ein X für ein U vorzumachen", sagte der CDU-Politiker zu Reuters. Die "Rumpfregierung" aus SPD und Grünen sollte "sämtliche Versuche unterlassen, Behördenleiter für parteipolitische Spielchen zu instrumentalisieren", betonte er in Anspielung auf die Bundeswahlleiterin. "Die Union fordert nichts anderes, als Neuwahlen nach Recht und Gesetz." Andere Politiker der Union wie Armin Laschet oder der FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki hatten die Bundeswahlleiterin als überfordert kritisiert. Hintergrund der Kritik ist offenbar auch, dass Brand am 1. Januar 2023 von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) zur Präsidentin des Statistischen Bundesamtes berufen wurde. In dieser Funktion ist sie traditionsgemäß auch Bundeswahlleiterin.
Diese wies die Kritik gegenüber Reuters zurück: "Es gab keine Weisung oder Einflussnahme auf die Position der Bundeswahlleiterin im Zusammenhang mit Neuwahlen", betonte ein Sprecher gegenüber Reuters. "Es ist die Aufgabe der Bundeswahlleiterin, die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung bundesweiter Wahlen ... sicherzustellen und hier auch auf Risiken hinzuweisen." Am Montag werde sich Brand mit den Landeswahlleitern absprechen. "Natürlich werden in diesem Kontext aufgrund der aktuellen Situation insbesondere auch Themen besprochen, die im Kontext einer möglichen Neuwahl von Relevanz sind", sagte ein Sprecher.
Die SPD-Politikerin Mast warf der Union "pure Parteitaktik" vor. "Mich interessiert die inhaltliche Kritik am Brief der Bundeswahlleiterin - dazu höre ich nichts von der Union. Gehen am Ende die Wahlen schief, sind es die gleichen Schreihälse, die sagen, es hätte niemand gewarnt", warnte sie. "Wir streben zügige Neuwahlen an, aber es ist verantwortungslos, wie die Union in dieser Frage nur aus machtpolitischen Gründen eskaliert", sagte die Grünen-Politikerin Mihalic.
Hintergrund des Streits ist die Forderung der Union, dass Scholz nach dem Bruch der Ampel-Koalition mit einer sofortigen Vertrauensfrage jetzt einen Prozess für Neuwahlen bereits Mitte Januar einleiten soll. Die SPD lehnt dies ab. Scholz hatte angekündigt, Mitte Januar die Vertrauensfrage zu stellen, um Neuwahlen bis Ende März zu ermöglichen. Scholz schlug mittlerweile vor, dass sich zunächst die Bundestagsfraktionen zusammensetzen sollten, um zu beraten, welche Gesetzesvorhaben noch gemeinsam beschlossen werden können. In diesem Prozess könne man dann auch einen Termin für eine Vertrauensabstimmung festsetzen. CDU-Chef Friedrich Merz fordert dagegen, das erst Scholz die Vertrauensfrage stellen müsse, bevor sich die Union die Zustimmung zu einzelnen Gesetzesentwürfen anschauen würde. Er möchte Neuwahlen am 19. Januar.
(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)