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07.11.2024 /14:33:47
HINTERGRUND-Einwanderungsgegner Trump kommt immer besser bei Latinos an

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Anteil der Trump-Wähler unter Hispanics steigt deutlich

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Trump legt auch bei jungen Wählern zu
 
- von Jason Lange und Bo Erickson und Christian Rüttger
Washington, 07. Nov (Reuters) - Donald Trump hat im
US-Wahlkampf massiv Stimmung gegen Einwanderer gemacht - und
trotzdem haben für ihn so viele Latinos gestimmt wie seit
Jahrzehnten für keinen anderen Präsidentschaftskandidaten der
Republikaner. 46 Prozent der Wähler und Wählerinnen, die sich
selbst der Gruppe der Hispanics zurechnen, machten ihr Kreuz bei
Trump, wie Nachwahlbefragungen des Datendienstleisters Edison
Research ergaben. Sie trugen damit erheblich dazu bei, dass er
sich gegen seine demokratische Rivalin Kamala Harris
überraschend deutlich durchsetzen konnte.

Vor vier Jahren, als Trump gegen den jetzt scheidenden Präsidenten Joe Biden verlor, betrug sein Anteil in der Wählergruppe gerade einmal 32 Prozent. Doch auch das war schon eine Steigerung im Vergleich zu 2016, als Trump das erste Mal kandidierte. Es verfestigt sich damit ein Trend, der den Demokraten Sorge bereiten muss. Denn eigentlich gehören die Hispanics, eine der am schnellsten wachsenden Minderheiten in den USA, zu ihrer Kernwählerschaft. Sie drohen ihnen jedoch zunehmend zu entgleiten. Am Dienstag stimmten noch 52 Prozent aller Hispanics für Harris.

Warum immer mehr US-Bürger mit Wurzeln im spanischsprachigen Teil Lateinamerikas oder Spanien sich von den Republikanern beziehungsweise Trump angezogen fühlen, dafür machen Experten und Beobachter mehrere Gründe aus. Ein entscheidender Punkt: die gestiegenen Preise und die Wirtschaftslage, die Trump neben der rigiden Bekämpfung der illegalen Einwanderung zu zentralen Themen seines Wahlkampfes gemacht hatte. Nach Auffassung von etwa zwei Drittel aller Wähler befindet sich die US-Wirtschaft in einer schlechten Verfassung. 46 Prozent gaben zudem an, die finanzielle Lage ihrer Familie sei schlechter als noch vor vier Jahren.

Auch für die Hispanics waren das bei der Wahl die wichtigsten Beweggründe, wie die Vizepräsidentin der überparteilichen Latino-Wähler-Initiative UnidosUS, Clarissa Martinez De Castro, erläutert. "Die Republikaner haben die Demokraten in Wirtschaftsfragen immer übertroffen, wenn es darum ging, die Wähler zu erreichen", sagt sie. "Dies war ein Referendum über die Wirtschaft, und das war für die hispanischen Wähler schon immer Thema Nummer eins, zwei und drei."

TRUMP PUNKTET BEI WÄHLERN OHNE COLLEGE-ABSCHLUSS

Hinzukommt, dass im Vergleich zur weißen Mehrheit des Landes der Anteil der Hispanoamerikaner aus der Arbeiterschicht sowie derjenigen ohne College-Abschluss nach Schätzungen des US-Amts für Bevölkerungsstatistik höher ist. Hispanics sind zudem tendenziell jünger als der Durchschnitt in den USA. Das bedeutet, dass viele weniger Zeit und Möglichkeiten hatten, Vermögen aufzubauen, und auch spürbarer von den wirtschaftlichen Problemen der letzten Jahre betroffen waren, darunter der hohen Inflation und steigenden Hypothekenzinsen. Trump konnte in all diesen Wählergruppen Boden gutmachen. Sein Stimmenanteil bei Wählern zwischen 18 und 29 betrug 43 Prozent, sieben Prozentpunkte mehr als 2020. Von den Wählern ohne höheren Bildungsabschluss stimmten etwa 56 Prozent für Trump, das waren sechs Prozentpunkte mehr als vor vier Jahren.

Auch Trumps rhetorische Attacken gegen Einwanderer, die illegal im Land sind, und seine angekündigten Massenabschiebungen schreckten die Hispanics angesichts der brennenden Wirtschaftssorgen nicht zwangsläufig ab. Viele von ihnen unterstützen sogar Trumps Hardliner-Positionen, wie Edison-Research-Nachwahlbefragungen ergaben. Etwa ein Viertel der Hispanics mit Aufenthaltsrecht vertrat die Meinung, dass Einwanderer ohne Papiere in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden sollten. Insgesamt sahen das 40 Prozent aller Wähler so.

Viele Latinos fänden es zudem gut, dass die Republikaner für konservative Werte stünden, meint Arturo Laguna. Der 28-jährige Unternehmensmanager wurde in Mexiko geboren und erhielt dieses Jahr die US-Staatsbürgerschaft. Er konnte somit erstmals an einer Präsidentschaftswahl teilnehmen, und er stimmte für Trump. "Die drei wichtigsten Dinge sind Familienwerte, der Schutz von ungeborenen Leben und Religion. Ich habe nicht das Gefühl, dass Kamala diese Werte vertritt."

(Mitarbeit: Brad Heath, geschrieben von Christian Rüttger, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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