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27.09.2024 /15:18:00
Ökonomen erwarten 1,7 Prozent Teuerung - "Inflationsgespenst noch nicht besiegt"

Berlin, 27. Sep (Reuters) - Die deutsche Inflation ist nach Einschätzung von Ökonomen im September auf den niedrigsten Stand seit rund dreieinhalb Jahren gesunken. Die Verbraucherpreise dürften nur noch um durchschnittlich 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen sein, wie eine am Freitag veröffentlichte Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters unter Volkswirten von zwölf Banken zeigt. Das wäre die niedrigste Teuerungsrate seit Februar 2021. Im August war die Inflation bereits auf 1,9 Prozent gesunken, nach 2,3 Prozent im Juli. Das Statistische Bundesamt will am Montag eine erste Schätzung für September veröffentlichen.

"Die deutsche Inflationsrate dürfte im September noch weiter unter zwei Prozent gefallen sein", sagte Chefstratege Robert Greil von der Privatbank Merck Finck. Er rechne vor allem aufgrund der Energiepreise "mit einem Rückgang in Richtung von nur noch etwas über eineinhalb Prozent."

Jedoch dürfte die Inflation bis Jahresende mit dann entgegengesetzten sogenannten Basiseffekten wieder spürbar über zwei Prozent anziehen. Der zugrundeliegende Trend ? also ohne die schwankungsanfälligen Energie- und Nahrungsmittelpreise ? sollte hingegen stabil bleiben. "Angesichts der noch immer recht hartnäckig steigenden Dienstleistungspreise dürfte die Kerninflationsrate im September bei etwa 2,8 Prozent verharren", erklärte Greil. "Das Inflationsgespenst ist noch nicht ganz besiegt, die schwache Konjunktur hilft aber dabei." Beides zusammen sollte der Europäische Zentralbank (EZB) in den kommenden Monaten weitere Leitzinssenkungen erlauben.

WANN SENKT EZB DIE ZINSEN WEITER?
 
Die Inflation in der Euro-Zone dürfte laut
Reuters-Umfrage unter 25 Volkswirten auf 1,9 Prozent sinken. Das
wäre sogar erstmals seit gut drei Jahren unter der Zielmarke von
2,0 Prozent, die die Währungshüter der EZB mittelfristig als
ideal für die Konjunktur ansehen. Eurostat veröffentlicht die
September-Daten am Dienstag. Die Commerzbank geht sogar davon
aus, dass die Jahresteuerung auf 1,8 Prozent fallen könnte. Doch
auch im Währungsraum dürfte die Inflation Ende 2024 wieder
hochgehen: Die Commerzbank-Analysten Bernd Weidensteiner und
Vincent Stamer rechnen für Dezember mit einem Wert von 2,5
Prozent.

Die EZB hat wegen der nachlassenden Inflation im Juni die Zinswende nach unten vollzogen und im September nachgelegt. An den Finanzmärkten wird gerätselt, ob die Währungshüter bereits im Oktober eine weitere Zinssenkung folgen lassen. Das eingetrübte Konjunkturbild im Euroraum hatte zuletzt Spekulationen befeuert, dass die Zentralbank unter Zugzwang geraten könnte.

(Bericht von Klaus Lauer; redigiert von Reinhard Becker. - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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