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| Statistikamt legt Vorausberechnung bis 2070 vor |
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| Künftig weniger und ältere Menschen |
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| Experte: "Der Druck auf die Sozialsysteme steigt" |
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| 2035 jeder vierte Einwohner 67 Jahre oder älter |
| (Neu: Details, Zitate aus Pressekonferenz, Hintergrund) |
| Berlin, 11. Dez (Reuters) - Wegen des demografischen |
| Wandels wird es in Deutschland bald weniger Menschen und vor |
| allem mehr Ältere geben. In zehn Jahren bereits dürfte jeder |
| vierte Einwohner 67 Jahre oder älter sein, wie aus der 16. |
| koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung hervorgeht, die das |
| Statistische Bundesamt am Donnerstag in Berlin vorstellte. Grund |
| ist vor allem, dass die geburtenstarke Generation der Babyboomer |
| in den Ruhestand wechselt und deutlich kleinere Jahrgänge |
| nachfolgen. Insgesamt wird die Bevölkerung bis 2070 |
| voraussichtlich schrumpfen. Bei einer moderaten Entwicklung von |
| Geburtenrate, Lebenserwartung und Zuwanderung würde die |
| Einwohnerzahl den Berechnungen zufolge dann bei 74,7 Millionen |
| liegen. Zum Vergleich: Mitte 2025 hatte die Bundesrepublik rund |
| 83,5 Millionen Einwohner. |
| Die Zahl der Menschen im Rentenalter wird demnach bis |
| 2038 um mindestens 3,8 Millionen auf dann mehr als 20,5 |
| Millionen steigen. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung wächst |
| auf 25 bis 27 Prozent. Gegenwärtig beträgt dieser 20 Prozent. |
| Gleichzeitig sinkt die Zahl der Menschen im Erwerbsalter, was |
| die Sozialsysteme vor große Herausforderungen stellt. "Bereits |
| jetzt kommen auf 100 Personen im Erwerbsalter 33 Personen im |
| Rentenalter", sagte Karsten Lummer, Leiter der Abteilung |
| "Bevölkerung" beim Statistischen Bundesamt. Im ungünstigsten |
| Fall könne dieser sogenannte Altenquotient bis 2070 auf 61 |
| steigen. "Dann kämen auf eine Leistungsempfängerin oder einen |
| Leistungsempfänger aus den Alterssicherungssystemen weniger als |
| zwei Einzahlende." Selbst eine hohe Zuwanderung kann den |
| Rückgang der Erwerbsbevölkerung nicht aufhalten, die bis 2070 um |
| mindestens vier Millionen Menschen schrumpfen dürfte. |
"Der Druck auf die Sozialsysteme steigt", sagte Lummer. Darauf müsse die Politik reagieren. Die jüngste Debatte in der Regierungskoalition von Union und SPD zum Rentenpaket hat gezeigt, dass das Thema immer wichtiger werden dürfte.
Innerhalb der älteren Bevölkerungsgruppe wird zudem die Zahl der Hochaltrigen ab 80 Jahren ab Mitte der 2030er-Jahre deutlich steigen. Ihre Zahl dürfte von 6,1 Millionen 2024 auf bis zu 9,8 Millionen im Jahr 2050 zunehmen, was den Bedarf an Pflegeleistungen stark erhöhen wird.
Zu einem leichten Bevölkerungswachstum kommt es nur bei zwei der 27 Varianten in den Berechnungen, wenn es einen hohen Wanderungssaldo und eine deutlich steigende Geburtenrate gibt. Insgesamt ergibt sich für 2070 eine Spannweite in der Bevölkerungszahl von 63,9 bis 86,5 Millionen Menschen. Zum Vergleich: Bei der vorigen Vorausberechnung von 2022 hatte die Bevölkerungszahl für 2070 je nach Variante zwischen 70,2 bis 94,4 Millionen gelegen. Ursache für die Veränderung sind eine andere Ausgangslage infolge der gesunkenen Nettozuwanderung und der gesunkenen Geburtenrate. "Nur bei hoher Zuwanderung und hoher Geburtenrate läge die Einwohnerzahl Deutschlands 2070 annähernd auf dem heutigen Niveau", erklärten die Statistiker. Bei einem niedrigen Wanderungssaldo könnte die Bevölkerung dagegen auf weniger als 70 Millionen Menschen schrumpfen.
| Die demografische Entwicklung verläuft regional sehr |
| unterschiedlich. Die Bevölkerung in den ostdeutschen |
| Flächenländern wird in allen Szenarien schrumpfen - sie könnte |
| 2070 im Vergleich zu 2024 zwischen 14 Prozent und 30 Prozent |
| kleiner sein. In den westdeutschen Flächenländern könnte die |
| Entwicklung bestenfalls stabil bleiben. Einzig die Stadtstaaten |
| Berlin, Hamburg und Bremen können bei anhaltend hoher |
| Zuwanderung mit einem Wachstum rechnen. Die ostdeutschen |
| Bundesländer sind bereits heute im Schnitt deutlich älter als |
| der Westen. |
(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Christian Rüttger Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)