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15.05.2025 /06:15:00
WDHLG-VORSCHAU-Präsidentschaftswahl in Polen - Richtung EU oder Richtung Trump

(Wiederholung vom Vorabend)
- von Justyna Pawlak
Garwolin/Warschau, 15. Mai (Reuters) - Bei der ersten
Runde der Präsidentschaftswahl am Sonntag in Polen wird die
zukünftige politische Ausrichtung des Landes bestimmt. Die
pro-europäische Regierung will mit dem Kandidaten Rafal
Trzaskowski ihren angekündigten Kurs der Demokratisierung
vorantreiben. Er liegt Umfragen zufolge in Führung, dürfte sich
jedoch erst bei der Stichwahl am 1. Juni durchsetzen. Ihm stehen
zwei national ausgerichtete Kandidaten gegenüber - Karol
Nawrocki und Slawomir Mentzen -, die als Anhänger der Politik
von US-Präsident Donald Trump gelten. Alle drei haben sich zur
weiteren Unterstützung der Ukraine bekannt, jedoch in
unterschiedlichem Ausmaß. Amtsinhaber Andrzej Duda darf nach
zwei Amtszeiten nicht mehr antreten.

Der liberale Warschauer Bürgermeister Trzaskowski kam zuletzt in Umfragen auf rund 32 Prozent und lag damit etwa acht Prozentpunkte vor Nawrocki. Der 53-jährige Sohn eines Jazzmusikers tat sich schwer, Wähler in ländlichen Gebieten anzusprechen und hat sich zuletzt stärker nach rechts orientiert. Trzaskowski hat angekündigt, bei einem Sieg mit der Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk zusammenzuarbeiten. Diese versucht etwa, Änderungen in der Justiz rückgängig zu machen, die unter der Vorgängerregierung der nationalistischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) eingeführt wurden. Duda hatte dies immer wieder durch Vetos blockiert.

NAWROCKI: EU DARF NICHT ZUR ERSATZ-NATO WERDEN

Nawrocki kann dagegen auf die ländlichen Gebiete zählen. Dort wird der konservative Historiker und Amateurboxer als jemand gesehen, der die Probleme der Menschen wie hohe Lebenshaltungskosten sowie ihre Haltung zur Einwanderung besser versteht. Der 42-Jährige kann auf die PiS zählen. "Wir unterstützen die Ukraine bei ihren Bemühungen, das postsowjetische Russland zu besiegen. Das ist offensichtlich", sagte Nawrocki am Montag während einer Debatte. "Es liegt im strategischen Interesse Polens, die neoimperialistische Bedrohung aus Russland abzuwehren. Als Präsident werde ich die polnisch-amerikanische Allianz aufbauen und nicht zustimmen, dass die EU zu einem Ersatz für die Nato wird."

Auf dem dritten Platz liegt der rechte Kandidat Mentzen. Der 38-Jährige teilt mit Nawrocki - und Trump - eine ablehnende Haltung gegenüber der Migration und als extrem dargestellte liberale Werte. Die beiden konservativen Kandidaten argumentieren insbesondere, dass polnische Bürger Vorrang vor ukrainischen Flüchtlingen haben sollten. "Sie kommen aus der Ukraine, melden sich bei Ärzten an, verlängern die Warteschlangen und gehen dann nach Hause zurück", sagte Mentzen im Februar während einer Wahlkampfveranstaltung. "Das ist Medizintourismus, für den wir bezahlen."

In Polen kann der Präsident Gesetze per Veto blockieren und ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Seine Exekutivbefugnisse sind jedoch im Vergleich etwa zu den USA begrenzt. Ein Thema im Wahlkampf war die Sorge über etwaige Versuche Russlands, die Abstimmung zu beeinflussen. Am Mittwoch berichteten polnische Cyberexperten von einer mutmaßlich vom Ausland finanzierten Kampagne auf Facebook. Mögliche Verantwortliche wurden nicht genannt. Digitalminister Krzysztof Gawkowski hatte jüngst von einem "beispiellosen Versuch der Einmischung in den Wahlablauf von russischer Seite" gesprochen. Die Regierung in Moskau weist alle derartigen Vorwürfe stets zurück.

(Geschrieben von Scot W. Stevenson, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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