(Neu: mehr Merz, Hintergrund)
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Merz-Besuch in Kiew mit Macron, Starmer und Tusk
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Europäer sehen Unterstützung Trumps
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Starmer: Putin-Bedingung für Waffenstillstand nicht akzeptabel
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Merz: Deutschland wird finanzielle Hilfe aufstocken |
- von Andreas Rinke |
Kiew, 10. Mai (Reuters) - Die Europäer und die USA |
drängen Russland zu einer 30-tägigen Waffenruhe in der Ukraine |
ab Montag. Bundeskanzler Friedrich Merz, der britische |
Premierminister Keir Starmer, Frankreichs Präsident Emmanuel |
Macron und der polnische Ministerpräsident Donald Tusk pochten |
bei einem gemeinsamen Überraschungsbesuch am Samstag in Kiew auf |
ein Aussetzen der Kämpfe und lehnten russische Vorbedingungen |
ab. Es gehe um eine "bedingungslose" Waffenruhe, betonte das |
Quartett nach Beratungen mit dem ukrainischen Präsidenten |
Wolodymyr Selenskyj sowie einer Videoschalte mit Staats- und |
Regierungschefs von fast zwanzig weiteren Staaten. Danach |
informierten sie US-Präsident Donald Trump telefonisch, der das |
europäische Vorgehen nach Angaben von Merz und Macron |
ausdrücklich unterstützte. "Dies ist die größte diplomatische |
Initiative, die es in den vergangenen Monaten, wenn nicht |
Jahren, gegeben hat, um den Krieg in der Ukraine zu beenden", |
sagte Merz in den ARD-"Tagesthemen". |
Starmer sagte, Russlands Präsident Wladimir Putin habe versucht, Bedingungen für einen Waffenstillstand zu stellen. "Wir lehnen Bedingungen aber klar ab", betonte Starmer. Auch Merz, Macron, Tusk und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj drängten Russland, den Vorschlag von US-Präsident Donald Trump zu akzeptieren. Sollte Russlands Putin dies verweigern, müssten scharfe Sanktionen verhängt werden, forderten die Staats- und Regierungschefs. In Moskau sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow, eine 30-tägige Waffenruhe könne es nur geben, wenn der Westen in dieser Zeit der Ukraine keine Waffen liefere. Er sprach von "widersprüchlichen Aussagen aus Europa". Diese seien "generell konfrontativer Natur und nicht darauf ausgerichtet, unsere Beziehungen wiederzubeleben"-
Die Europäer drohen Russlands Präsident Wladimir Putin mit harten neuen Sanktionen, wenn er auf das Angebot nicht eingeht. Die Europäische Union ist auch nach den Worten von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereit zu weiteren harten Sanktionen gegen Russland, sollte es eine mit der Ukraine einmal vereinbarte Waffenruhe brechen. Merz sprach von "einer kleinen Chance", dass man zu einem vorübergehende Ende der Kämpfen kommen könnte.
Der Besuch des europäischen Quartetts soll einerseits der Ukraine Solidarität versichern, andererseits zeigen, dass Amerikaner und Europäer wieder an einem Strang ziehen. Der französische Präsident sagte, man brauche eine Überwachung eines Waffenstillstands und Sanktionen für dessen Verletzung. Dazu hätten sich die USA auch bereiterklärt, sagte der Kanzler. "Es ist sehr wichtig, die USA einzubeziehen, damit sie für die Überwachung verantwortlich sind", betonte auch Macron.
Merz sprach von einem deutlichen Signal in Kiew: "Das Signal, dass wir entschlossen sind, alles zu tun, um diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden." Er betonte, dass es symbolisch sei, dass das Treffen zwei Tage nach dem 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges in Europa stattfinde. "Hier steht das Lager des Friedens, das Lager des Krieges befindet sich in Moskau", sagte der französische Präsident.
Der Kanzler sagte der Ukraine größere Hilfen zu: "Unser Engagement wird substanziell sein." Zu den Debatten über eine Friedenstruppe nach einem Friedensabkommen in der von Frankreich und Großbritannien gegründeten "Gruppe der Willigen" sagte der CDU-Chef: "Die Stärkung der ukrainischen Streitkräfte wird der wichtigste Teil der Arbeit dieser Gruppe sein." Dies sei Kernstück jeder zukünftigen Sicherheitsgarantie für die Ukraine. Man müsse gemeinsam Wege finden, die Finanzierung einer Armee mit ausreichender Größe und ausreichenden Fähigkeiten zu sichern. "Deutschland wird seine finanzielle Unterstützung weiter ausbauen. Ich zähle darauf, dass Sie (...) das Gleiche mit uns gemeinsam tun", sagte er in Richtung der anderen Europäer.
Hier gibt es einen Dissens mit Frankreich und Großbritannien, die ? auch aus Geldnot - eher Soldaten in die Ukraine schicken wollen und schon jetzt weniger Waffenhilfe für die Ukraine leisten als Deutschland. Die neue Bundesregierung kann durch die Beseitigung des Deckels für Verteidigungsausgaben in der Schuldenbremse unbegrenzt Kredite für Verteidigungsausgaben aufnehmen. Vor allem Frankreich und Italien kämpfen mit hohen Haushaltsdefiziten.
Merz kündigte an, dass die neue Bundesregierung mit Blick auf Russland keine Details mehr über Militärhilfe an die Ukraine veröffentlichen werde. "Unter meiner Führung wird die Debatte um Waffenlieferungen, Kaliber, Waffensysteme und und und aus der Öffentlichkeit herausgenommen", sagte der CDU-Vorsitzende den Sendern RTL/ntv. Er betätigte damit einen Reuters-Bericht von Freitag. Merz machte keine Aussage auf die Frage, ob die neue Regierung Marschflugkörper des Typs Taurus liefern werde.
Der ukrainische Präsident Selenskyj kritisierte, dass Russland gar keinen Frieden wolle. "Putin hat nur für die Zeit der Parade am 9. Mai eine Waffenruhe vorgetäuscht. Die Angriffe an der Frontlinie gehen weiter", sagte er mit Blick auf die Militärparade in Moskau zum 80. Jahrestag des Kriegsendes. Selenskyj forderte mehr westliche Hilfen beim Aufbau einer ukrainischen Rüstungsindustrie und Sanktionen gegen Russland. "Als Nächstes müssen wir jetzt eng mit den Vereinigten Staaten zusammenarbeiten und uns von ihnen eine langfristige Sicherheitsgarantie geben lassen", betonte er angesichts des wechselnden Ukraine-Kurses des US-Präsidenten, der zunächst eine Verständigung mit Russland suchte.
"Putin wird irgendwann erkennen müssen ? vielleicht dauert das noch etwas ?, dass er diesen Krieg mit militärischen Mitteln nicht gewinnen kann", sagte Merz den Sendern RTL/ntv. "Diesem Punkt nähern wir uns möglicherweise."
(Redigiert von Jörn Poltz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)