Berlin, 12. Dez (Reuters) - Die EU-Regierungen kommen voran, bis Donnerstag den Weg für die Nutzung eingefrorener russischer Staatsvermögen für die Ukraine freizumachen. Dazu läuft bis (zum heutigen) Freitagnachmittag zunächst ein schriftliches Verfahren, wonach darüber künftig mit qualifizierter Mehrheit statt mit Einstimmigkeit entschieden werden soll.
Auf dem EU-Gipfel am Donnerstag sollen dann die letzten rechtlichen und politischen Hindernisse beseitigt werden. "Wenn das nicht klappen sollte, dann wäre dies sicherlich ein desaströses Signal Richtung Ukraine. Und ich glaube, dass dann auch Europa scheitert", verlautete aus europäischen Diplomatenkreisen am Freitag.
Insgesamt wird über eine Summe von 210 Milliarden Euro geredet, die bei dem belgischen Clearing-Unternehmen Euroclear liegen. Das Unternehmen soll das Geld an die EU-Kommission überweisen und dann im Gegenzug EU-Anleihen erhalten, damit es sich nicht um eine Enteignung handelt. Um das Geld abzusichern und eine eventuelle schnelle, aber nicht erwartete Rückzahlung an Russland sicherzustellen, sollen die EU-Staaten Garantien übernehmen. Auf Deutschland würden dabei nach Angaben der Diplomatenkreise Garantien von rund 50 Milliarden Euro entfallen.
Die Bundesregierung sei aber auch dafür, dass das in anderen EU-Staaten eingefrorene russische Staatsvermögen herangezogen werde - auch das Geld, das bei Geschäftsbanken liegt. Die Beträge sind aber deutlich geringer als der bei Euroclear.
"Es gibt keinen Plan B", hieß es weiter. Nur das auch von der EU-Kommission vorgeschlagene Reparationsdarlehen erfülle alle Bedingungen:
* Für Entscheidungen darf keine Einstimmigkeit nötig sein, um ein Veto der ungarischen Regierung zu vermeiden. Zudem dürfe sich das Geld für die Ukraine weder bei den EU-Staaten noch bei der Ukraine auf die jeweilige Berechnung des Schuldenstands auswirken.
* Gemeinsame europäische Anleihen seien keine Alternative, weil diese eine verfassungsrechtlich unmögliche Vergemeinschaftung von Schulden bedeuteten.
* Über den europäischen Haushalt ließen sich die für die Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland nötigen Kredite für das Militär auch nicht finanzieren, weil dafür wieder Einstimmigkeit nötig wäre, hieß es.
Bisher hatte vor allem Belgien Einwände erhoben. Ein Treffen von Kanzler Friedrich Merz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dem belgischen Ministerpräsidenten Bart De Wever in der vergangenen Woche sei aber "eine Art Eisbrecher" gewesen, hieß es weiter. Deshalb setze man nun auf die Klärung der letzten rechtlichen Schritte bis Donnerstag und dann eine Zustimmung auf dem EU-Gipfel.
(Bericht von Andreas Rinke, redigiert von Thomas Seythal)