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02.12.2025 /12:27:25
FOKUS 1-OECD: Deutsche Wirtschaft fasst wieder Fuß - Reformen angemahnt

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Wachstum für 2026 und 2027 erwartet - aber weniger als zuvor



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Investitionspakete die Inflation können Inflation treiben
 
(neu: Ausblick, Weltwirtschaft)
Berlin, 02. Dez (Reuters) - Die
Industriestaaten-Organisation OECD hat ihre Wachstumsprognosen
für die deutsche Wirtschaft leicht gesenkt. Das
Bruttoinlandsprodukt werde 2026 um 1,0 Prozent und 2027 um 1,5
Prozent zulegen, wie aus dem am Dienstag veröffentlichten
Ausblick hervorgeht. Im September waren noch 1,1 und 1,7 Prozent
vorausgesagt worden. Im zu Ende gehenden Jahr soll es wie
bislang angenommen nur zu einem Plus von 0,3 Prozent reichen -
lediglich Finnland und Norwegen schneiden demnach von den
Industrienationen schlechter ab. In den vergangenen beiden
Jahren ist Europas größte Volkswirtschaft geschrumpft.

Kommt es wie vorhergesagt, würde Deutschland 2027 erstmals seit Jahren wieder schneller wachsen als der EU-Schnitt. "Die stark steigenden öffentlichen Investitionen und Verteidigungsausgaben spielen natürlich eine große Rolle", sagte OECD-Expertin Isabell Koske der Nachrichtenagentur Reuters. Diese expansive Fiskalpolitik rege private Investitionen und den Konsum an. "Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass die zusätzlichen Ausgaben vor allem in öffentliche Investitionen fließen, welche das Potenzialwachstum steigern - und nicht in zusätzlichen Staatskonsum", sagte Koske.

Damit die geplanten Milliarden schnell fließen können, rät die OECD zu vereinfachten und beschleunigten Planungsverfahren. "Die Infrastrukturplanungskapazitäten in den Kommunen müssen ausgebaut sowie Planungs- und Genehmigungsverfahren weiter vereinfacht und harmonisiert werden", sagte OECD-Experte Robert Grundke. Zudem müssen Wettbewerbsschranken abgebaut und der hohe Verwaltungsaufwand reduziert werden, um Investitionen zu erleichtern und anzuregen. "Denn sonst besteht das Risiko, dass die enorme Nachfrage durch die Investitionspakete die Inflation in die Höhe treibt", warnte Grundke. Neben Bürokratie sollten auch Berufszugangs- und Markteintrittsbeschränkungen wie die Meisterpflicht in vielen Handwerksberufen abgebaut werden. Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung sollte zudem vorangetrieben werden.

"AUSBLICK BLEIBT FRAGIL"

Die Organisation empfiehlt zudem, Frühverrentungsanreize wie die Rente mit 63 abzubauen. Auch eine Senkung der Steuer- und Abgabenbelastung für Arbeitseinkommen sei wichtig, um das Arbeitsangebot zu erhöhen und den Fachkräftemangel zu lindern. "Dies könnte über eine Streichung von Steuervergünstigungen und -ausnahmen bei Kapitalertrags? und Erbschaftsteuer, Mehrwertsteuer und Umweltsteuer sowie einer Verbesserung des Steuervollzugs finanziert werden", sagte OECD-Expertin Koske.

Das Wachstum im Euroraum wird der OECD zufolge im zu Ende gehenden Jahr bei 1,3 Prozent liegen und 2026 (1,2 Prozent) und 2027 (1,4 Prozent) ähnlich hoch ausfallen. Für die weltgrößte Volkswirtschaft USA wurde die Prognose für das laufende Jahr auf 2,0 Prozent angehoben. Für 2026 wird ein Plus von 1,7 Prozent erwartet, für 2027 von 1,9 Prozent. Das globale Wachstum soll in den drei Jahren um die Drei-Prozent-Marke schwanken.

"Die Weltwirtschaft hat sich in diesem Jahr trotz der
Befürchtungen einer stärkeren Konjunkturabkühlung infolge
höherer Handelsbarrieren und erheblicher politischer
Unsicherheiten als widerstandsfähig erwiesen", sagte
OECD-Generalsekretär Mathias Cormann in Paris. Die Konjunktur
habe sich auch dank starker Investitionen im Bereich der
Künstlichen Intelligenz "gut behauptet". "Der Ausblick bleibt
jedoch fragil", fügte Cormann hinzu. Höhere Handelshürden könnte
den Lieferketten und der weltweiten Produktion erheblichen
Schaden zufügen. Die aktuell Vermögensbewertungen, die auf
optimistischen Erwartungen der durch KI getriebenen
Unternehmensgewinne basierten, würden zudem das Risiko
potenziell abrupter Preiskorrekturen bergen.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz und Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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