München, 03. Dez (Reuters) - Die deutschen Versicherer wollen Bund und Länder mit einem eigenen Vorschlag von der Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden wie Hochwasser und Starkregen abbringen. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) legte am Mittwoch erstmals ein Konzept vor, mit dem auch Häuser an Flüssen und in anderen hochwassergefährdeten Gebieten zu bezahlbaren Preisen versichert werden können. Dazu soll ein Rückversicherer namens Elementar Re gegründet werden, an den die Unternehmen Extremrisiken weiterreichen können. Der Staat käme nur bei Katastrophen mit Schäden von mehr als 30 Milliarden Euro ins Spiel. Eine Versicherungspflicht soll es nicht geben. Wer den Elementarschutz ablehnt, verzichtet damit im Schadenfall aber auch auf staatliche Hilfen.
Die 16 Länder-Ministerpräsidenten treffen sich am Donnerstag mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Die Länderchefs hatten sich unter dem Eindruck der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal für eine Pflichtversicherung ausgesprochen. Die schwarz-rote Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag ebenfalls zu einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden bekannt, Details aber offengelassen. Die Versicherer warnen, dass eine solche Pflicht keine Anreize schaffe, das eigene Haus besser zu schützen und nicht in Hochwassergebieten zu bauen.
Der Schutz vor Hochwasser und Starkregen ist bisher nicht Teil einer gewöhnlichen Wohngebäudeversicherung, die Sturm und Hagel abdeckt, sondern muss zusätzlich versichert werden. Das ist aber nur bei etwas mehr als der Hälfte der Wohnhäuser in Deutschland der Fall. Im Klimawandel steigt die Gefahr solcher Naturkatastrophen. "Die Klimaschäden haben sich in Deutschland seit 1980 verfünffacht. Unser Ziel ist ein Sicherungssystem, das dauerhaft funktioniert: fair für Hauseigentümer, stabil für den Markt und tragfähig für die öffentliche Hand", erklärte der GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. "Aber klar ist auch: Versicherung allein reicht nicht. Ohne konsequente Prävention werden die Risiken weiter steigen - und das gefährdet das ganze System."
Durch Elementar Re ließen sich auch die rund 400.000 Häuser versichern, die regelmäßig von Hochwasser heimgesucht würden, erklärte der GDV. Die Prämien sollen nach der Größe des Hauses gestaffelt werden. Finanziert werden soll Elementar Re durch eine Umlage auf alle Wohngebäudeversicherungen. "Viele zahlen sehr wenig, damit wenige nicht unbezahlbar viel zahlen müssen", erklärte der Verband. Bevor der Staat zahlen muss, greifen eine Rückversicherung und ein Sicherungsfonds der Branche. Der GDV lehnt sich damit an das System in Großbritannien an, wo seit Jahren eine "Flood Re" solche Elementargefahren abdeckt.
Der GDV sieht gute Chancen, dass mit einem solchen System die Versicherungsdichte deutlich steigt. Bei neuen Verträgen soll der Elementarschutz künftig automatisch enthalten sein, bestehende Policen sollen zu einem Stichtag umgestellt werden, wenn der Kunde nicht widerspricht. Neubauten in Hochrisiko-Gebieten sollen von einem Stichtag an nicht mehr versichert werden können.
(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)