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03.12.2025 /12:07:59
FOKUS 1-Versicherer wollen Hochwasser-Schutz fast allein stemmen

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GDV legt Konzept für Elementarschaden-Versicherung vor

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Staat soll nur bei Extremschäden einspringen müssen

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Gestzentwurf der Koalition im ersten Halbjahr erwartet
 
(neu: Pressekonferenz mit dem GDV)
München, 03. Dez (Reuters) - Die deutschen Versicherer
wollen für einen flächendeckenden Versicherungsschutz gegen
Elementarschäden wie Hochwasser und Starkregen nur im Extremfall
auf den Staat zurückgreifen. Der Gesamtverband der deutschen
Versicherungswirtschaft (GDV) legte am Mittwoch ein Konzept vor,
mit dem auch Häuser an Flüssen und in anderen
hochwassergefährdeten Gebieten zu bezahlbaren Preisen versichert
werden können. Dazu soll ein Rückversicherer namens Elementar Re
gegründet werden, an den die Gebäudeversicherer solche Risiken
weiterreichen können. Finanziert würde er über eine Umlage, die
alle Käufer von Gebäudeversicherungen zahlen. Der Staat käme nur
bei Katastrophen mit Gebäudeschäden von mehr als 30 Milliarden
Euro ins Spiel - das wäre hochgerechnet das Doppelte oder
Dreifache der Flut im Ahrtal 2021.
Eine Versicherungspflicht soll es nach den Vorstellungen
des GDV nicht geben. Wer den Elementarschutz ausdrücklich
ablehnt, verzichtet im Schadenfall aber auch auf staatliche
Hilfen. Bei neuen Verträgen soll der Elementarschutz künftig
automatisch enthalten sein, bestehende Policen sollen zu einem
Stichtag umgestellt werden, wenn der Kunde nicht widerspricht.
Neubauten in Hochrisiko-Gebieten sollen von einem bestimmten
Zeitpunkt an nicht mehr versichert werden können.
 
GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen sieht sich dabei
auf einer Linie mit der Bundesregierung. "Da verengt sich die
politische Diskussion", sagte er. Im Koalitionsvertrag ist nicht
mehr von einer Pflichtversicherung die Rede, sondern von einer
Angebotspflicht der Versicherer, die Möglichkeit eines Verzichts
von Hauseigentümern ("Opt-out") werde geprüft. Der GDV erwarte
im ersten Halbjahr 2026 einen Gesetzentwurf dazu.
 
Die 16 Länder-Ministerpräsidenten treffen sich am
Donnerstag mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Die
Länderchefs hatten sich unter dem Eindruck der
Hochwasserkatastrophe im Ahrtal für eine Pflichtversicherung
ausgesprochen. "Der Druck auf den Bund ist hoch", sagte
Asmussen. Die Versicherer hatten stets gewarnt, dass eine solche
Pflicht keine Anreize schaffe, das eigene Haus besser zu
schützen und nicht in Hochwassergebieten zu bauen. Asmussen
räumte ein, dass die Versicherungsquote von derzeit 57 Prozent
gegen Hochwasser aber zu gering sei. "Wir brauchen eine
flächendeckende Elementarschadenversicherung", sagte er.
Der Schutz vor Hochwasser und Starkregen ist bisher
nicht Teil einer gewöhnlichen Wohngebäudeversicherung, die Sturm
und Hagel abdeckt, sondern muss zusätzlich versichert werden. Im
Klimawandel steigt die Gefahr solcher Naturkatastrophen. "Die
Klimaschäden haben sich in Deutschland seit 1980 verfünffacht",
sagte Asmussen. "Unser Ziel ist ein Sicherungssystem, das
dauerhaft funktioniert: fair für Hauseigentümer, stabil für den
Markt und tragfähig für die öffentliche Hand."
 
VORBILD GROSSBRITANNIEN
Durch Elementar Re ließen sich auch die gut 400.000
Häuser zu tragbaren Preisen versichern, die regelmäßig von
Hochwasser heimgesucht würden, erklärte der GDV. Finanziert
werden soll Elementar Re durch eine Umlage auf alle
Wohngebäude-Policen. Im Schnitt gehe es um einen kleinen
zweistelligen Betrag im Jahr, sagte die stellvertretende
Hauptgeschäftsführerin Anja Käfer-Rohrbach. "Viele zahlen sehr
wenig, damit wenige nicht unbezahlbar viel zahlen müssen."

Bevor der Staat einspringen muss, greifen eine Rückversicherung und ein Sicherungsfonds der Branche. Die schwarz-rote Koalition in Berlin hatte den Staat selbst als Rückversicherer ins Spiel gebracht. Das hält der GDV nicht für nötig. Er lehnt sich mit Elementar Re an das noch von der EU genehmigte System in Großbritannien an, wo seit Jahren eine "Flood Re" solche Elementargefahren abdeckt - allerdings ohne den Rückgriff auf den Staat.

(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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