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03.12.2025 /16:10:22
VORSCHAU-Wer bestellt, bezahlt? - Bund und Länder ringen um Kosten von Gesetzen

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Ministerpräsidenten wollen von Merz Zusage finanzieller Entlastung



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Bund will aber nicht für alles zahlen

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Beim Bürokratieabbau signalisieren Länder Zusammenarbeit
 
- von Andreas Rinke
Berlin, 03. Dez (Reuters) - Wenn sich die 16
Ministerpräsidenten am Donnerstag mit Kanzler Friedrich Merz
treffen, ist die Erwartung auf einen Durchbruch bei den
Gesprächen über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen groß. Denn im
Koalitionsvertrag hatte die schwarz-rote Koalition beschlossen,
dass sie die sogenannte Veranlassungs-Konnexität anpacken will.
Grob gesagt soll künftig die Bundesebene für die Folgen ihrer
Gesetzgebung auf Ländern und Kommunen zahlen. "Wer bestellt,
bezahlt", sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst in der ARD.
Eine Einigung in den Gesprächen, an denen auch Finanzminister
Lars Klingbeil teilnimmt, gilt als offen.
DER BUND WILL NICHT ALLES ZAHLEN

Anders als bei früheren Diskussionen ziehen die 16 Bundesländer bei der Reform der Finanzverfassung nicht an einem Strang. So gibt es die Maximalforderung, dass der Bund alle Auswirkungen zahlen soll. Das würde sowohl die Auswirkungen von Steuer- als auch Leistungsgesetzen betreffen. Der Streit hatte bereits in der letzten Legislaturperiode Entlastungen für Unternehmen verhindert, weil die Länder auf eine vollständige Erstattung der Steuermindereinnahmen pochten und sich im Bundesrat querstellten.

Der Bund argumentiert dagegen, dass die Länder ja auch von steigenden Einkommens- und Unternehmenssteuern profitierten, wenn die Wirtschaft wieder anspringe. Ohnehin hat sich der Anteil am Steuerkuchen über die Jahre zugunsten der Länder verschoben.

Die Maximalforderung einiger Länder kommt in Berlin schon deshalb nicht gut an, weil der Bund den Ländern gerade 100 Milliarden Euro Kredite für Investitionen zur Verfügung stellt und auch noch den Schuldendienst für diese übernimmt. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der sowohl Landesinteressen vertritt als auch im Koalitionsausschuss auf Bundesebene vertreten ist, lehnt die Maximalforderung deshalb ebenfalls ab.

Einig ist man sich dagegen, dass vor allem Kommunen bei der Auswirkung von Leistungsgesetzen entlastet werden müssen. Denn zum einen sind viele Kommunen hoch verschuldet. Zum anderen ist der Anteil der Ausgaben, der für Sozialleistungen ausgegeben werden muss, von rund 25 auf etwa 30 Prozent der kommunalen Gesamtausgaben gestiegen. "Wir wollen Kommunen entlasten, das ist völlig klar", sagte SPD-Co-Chef Klingbeil am Mittwoch in der Regierungsbefragung des Bundestages.

Strittig sind aber auch hier zwei Punkte: Soll der Bund nur die Kommunen entlasten oder auch die Länder? Dies halten die Landesregierungen für notwendig, weil in einigen Bundesländern Kompetenzen zwischen beiden Ebenen verteilt sind. Hilft der Bund nur den Kommunen, würden die betreffenden Länder eben weitere Aufgaben an die Gemeinden übertragen. Billiger werde es für den Bund also nicht. Die nächste Streitfrage ist, ob der Bund dauerhaft oder nur für eine befristete Zeit helfen soll?

Mit in dieses Thema spielen die Altschulden der Kommunen, die in den verschiedenen Bundesländern sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. Der Bund hat erstmals Hilfe zugesagt - allerdings in einem bescheidenen Maße.

BÜROKRATIEABBAU

Bund und Länder eint das Ziel, Bürokratielasten abzubauen - und es gibt viele Felder, in denen die verschiedenen staatlichen Ebenen dafür zusammenarbeiten müssten. Aber dabei endet die Gemeinsamkeit auch. Denn der Bund hat in früheren Jahren schlechte Erfahrungen damit gemacht, den Ländern etwa Milliarden Euro für die Digitalisierung der kommunalen Ausländerämter oder der Schulen zu überweisen - ohne dass es einen entscheidenden Durchbruch gab. Frühere Versuche, einheitliche Bürgerdienstleistungen anzubieten, scheiterten zudem am Egoismus von Gemeinden und Ländern, die auf ihre eigenen Software-Lösungen pochten. Ein Flickenteppich an Regelungen und IT-Systemen ist die Folge.

Nun beteuern alle, dass sich die Einstellung angesichts des Drucks geändert habe. In den Gesprächen wurde über Hunderte Regelungen gesprochen, die man gemeinsam anpacken könnte. Berliner Bürgermeister Kai Wegner betonte bei einem Auftritt mit Merz am Mittwoch, dass sein Land bereit sei, Kompetenzen an den Bund abzugeben. Andere signalisieren dies auch. Digitalminister Karsten Wildberger will so etwa eine bundeseinheitliche Plattform für Führerscheinzulassungen durchsetzen.

(Mitarbeit: Holger Hansen, Matthias Inverardi; redigiert von Hans Busemann Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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