Prag, 04. Dez (Reuters) - In Tschechien will der designierte Regierungschef Andrej Babis sein Firmenimperium in eine Stiftung überführen, um zum Ministerpräsidenten ernannt werden zu können. Das kündigte Babis am Donnerstag an. Präsident Petr Pavel hatte erklärt, er sei bereit, den 71-jährigen Milliardär zu ernennen, sobald dieser darlege, wie er den Interessenkonflikt als Regierungschef und Eigentümer eines Wirtschaftsimperiums zu lösen gedenke. "Ich habe beschlossen, die Firma Agrofert unumkehrbar aufzugeben, mit der ich nichts mehr zu tun haben und die ich nie wieder besitzen werde", erklärte Babis in einer Videobotschaft auf Facebook. Damit komme er der Aufforderung des Präsidenten nach.
Babis ist auch Chef der populistischen Partei ANO, die die Parlamentswahl im Oktober gewonnen hatte und im Europäischen Parlament der rechtsextremen Fraktion "Patrioten für Europa" angehört. Die ANO bildet eine Regierung mit der rechtsextremen, EU-feindlichen und pro-russischen Partei SPD und der Partei der Autofahrer, die sich gegen die EU-Klimapolitik zur Reduzierung von Kohlenstoffemissionen richtete.
Tschechische Gerichte und EU-Gremien hatten bereits während seiner früheren Amtszeit als Ministerpräsident von 2017 bis 2021 einen Interessenkonflikt bei Babis festgestellt, obwohl Agrofert damals in Treuhandfonds geparkt war. Babis sagte am Donnerstag, die neue Regelung sei so konzipiert, dass sie den tschechischen und europäischen Vorschriften entspreche. Die Stiftung werde von einem unabhängig bestellten Verwalter geleitet, und er selbst werde nicht der Begünstigte sein. Nach seinem Tod solle sie an seine Kinder übergehen.
Babis ist laut dem Magazin "Forbes" mit einem Vermögen von 4,3 Milliarden Dollar einer der reichsten Tschechen. Sein Konzern Agrofert umfasst rund 230 Unternehmen, die in Mitteleuropa unter anderem Düngemittel, Kunststoffe und Biokraftstoffe herstellen, aber auch Getreide anbauen und Lebensmittel produzieren. Die Gruppe beschäftigt fast 30.000 Mitarbeiter und ist ein großer Empfänger von EU-Agrarfonds sowie von staatlichen Subventionen.
Babis hat angekündigt, dass seine Regierung die Renten und Gehälter erhöhen, einen EU-Pakt zur Regelung der Einwanderung anfechten und sich der Einführung einer EU-Abgabe auf fossile Brennstoffe widersetzen wird. Er hat zudem erklärt, die Militärhilfe für die Ukraine begrenzen zu wollen. Forderungen des Koalitionspartners SPD nach Referenden über einen Austritt aus der EU oder der Nato lehnte er jedoch ab.
(Bericht von Jan Lopatka, geschrieben von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)